4.4. Outsourcing

  

Es ist die aktuelle Mehrheitsmeinung in der BWL, dass sich die Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, sich nicht in zu vielen Aktivitäten verzetteln und in Randgebieten professionelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen sollten. In welchen Bereichen ein Unternehmen kompetent ist, wo es die nötige Kompetenz entwickeln will und wo es lieber auf die im Regelfall nicht sehr billigen Dienstleistungen zurückgreifen will, ist eine Entscheidung des Einzelfalls. Outsourcing ist das umfassende Auslagern von Funktionen an ein anderes Unternehmen, das sich hierauf spezialisiert.

  

Zu den Kernkompetenzen sollte die Wertschöpfungskette gehören, also wo die Materialien oder Waren in der nötigen Qualität günstig eingekauft werden können, wie das Produkt hergestellt und verkauft wird. Dies wird man mit eigenem Personal gewährleisten, zu dem man auch ein gutes Verhältnis pflegen will. Dazu steht nicht im Widerspruch, wenn in der schon häufiger angeführten Automobilindustrie z.B. keine Reifen produziert werden und man die Elektronikkomponenten bei Zulierferern einkauft, die auch die Konkurrenz beliefern. Reifen können als Massenware viel billiger produziert werden.

  

Der Normalbürger wie auch der Wirtschaftswissenschaftler kann es nicht nachvollziehen, warum es seit ein paar Jahren eine Explosion verschiedener Reifentypen gibt die es manchmal schwierig gestaltet, für einen 8 Jahre alten PKW einfache Ersatzreifen zu zivilen Preisen zu bekommen. Spontan kann das nur mit dem Spieltrieb Technik-verliebter Entwicklungsingenieure erklärt werden, die von den ebenfalls Technik-dominierten Vorständen deutscher Autohersteller nicht auf den Boden der wirtschaftlichen Vernunft zurückgeholt wurden. Hier wäre es besser gewesen, die Entwicklung von Reifen den Reifenherstellern zu überlassen. Kleinere Branchen könnten sich solche unnötigen Mehrkosten für ihre Kunden nicht leisten!

  

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Kontrolle der Wertschöpfung bildet das Franchising, bei dem der Franchisegeber die Funktionen Beschaffung und Marketing übernimmt und der Franchisegeber die Leistung produziert und die Kunden beliefert, die wegen des Marketings ohne sein Zutun zu ihm kommen. Hier wird die Kernkompetenz aufgeteilt und nicht ausgelagert.

  

Eine zweite Ausnahme ist die Tätigkeit der Werbeagenturen. Obwohl die Kommunikation mit den Kunden und die Darstellung der eigenen Produkte mit ihrem Nutzen und Vorteilen gegenüber Konkurrenzprodukten eigentlich zur Kernkompetenz der Unternehmen gehören sollte, ist diese Aufgabe weitgehend ausgelagert. Das hat die Folge, dass die Bürger auf Schritt und Tritt von Werbung verfolgt und mit ihr überschüttet werden, so dass sie kaum noch wahrgenommen wird. Als Konsequenz denken sich die Fachleute neue Formen der Belästigung aus (vgl. http://prof-dr-mueller.jimdo.com/thema/social-media-marketing-stalking/) und verstärken diesen Trend immer mehr. Mit sachlichen Informationen werden Anbieter kaum mehr wahrgenommen.

  

Dagegen ist es leicht nachvollziehbar, dass die Unternehmen bei den unterstützenden Funktionen nach Kapitel 3 nicht die volle Breite der Fachkompetenz vorhalten wollen und die Unterstützung von Experten in Anspruch nehmen, die dann auch mehr Tiefgang anbieten können. Hier wird man aber auch nicht nicht die gesamte Funktion outsourcen können. So wird man z.B. nicht bei jeder banalen rechtlichen Frage einen Anwalt kontaktieren und wenn er zum Einsatz kommt benötigt er einen Ansprechpartner im Unternehmen, der zunächst den Sachverhalt aufbereitet darstellt, Wesentliches von Unwichtigem unterschieden kann und die nötigen Beweismittel zusammenstellt.

  

Auch im Rechnungswesen können viele Aufgaben auch außerhalb der Tätigkeit von Steuerberatern outgesourced werden (vgl. http://www.buchhaltung-ohne-buchhalter.de/). Fachkompetente Ansprechpartner in den Unternehmen sind für die Dienstleister aber trotzdem unverzichtbar. Die externe Unterstützung bei den übergreifenden Funktionen nach Kapitel 4 hat dagegen die Rolle eines Trainers, der die Unternehmensleitungen zu besseren Ergebnissen führen, ihre Arbeit aber nicht ersetzen kann. Hier muss das Zusammenwirken sehr intensiv sein. Der Berater berät und übernimmt nicht die ganze Aufgabe. Dann liegt kein Outsourcing mehr vor.

  

Neben der Leitlinie, dass die unterstützenden Funktionen eher für ein Outsourcing geeignet sind als Kernkompetenzen, kann keine allgemeiengültige Empfehlung gegeben werden. Es muss in jedem Einzelfall individuell entschieden werden, ob die nötigen Fachkompetenzen bei den Beschäftigen vorhanden sind, ob sie bei sich selbst aufbauen will oder sie sich lieber als Dienstleistung einkauft.