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Neben dem System der doppelten Buchführung gibt es noch andere Systeme, die nicht auf Paccioli zurückgeführt werden können.
Nach der Aufhebung der Buchführungsrichtlinie im Jahr 1953 war nur noch das HGB anzuwenden, das kein konkretes Buchführungssystem vorgeschrieben hat. Die Mindesterfordernisse einer Buchführung
sind nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23.02.1951, Az. IV 15/51 S:
+ zeitnahe und geordnete Erfassung sämtlicher Geschäftsvorfälle in einem oder mehreren
Journalen,
+ Kontrolle der Forderungen und Verbindlichkeiten mit Personenkonten oder geordneter
Belegablage,
+ jährliche Abschlüsse mit Bestandsaufnahmen.
Es genügt also, wenn aus den Journalen eine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) aufgestellt werden kann und die Bilanz auf einer Inventur zum Stichtag beruht. Als Mindestumfang einer GuV wäre eine
Unterscheidung in Umsätze, Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen, Gemeinkosten und Zinsen ausreichend. Diese Informationen müssten die Journale bereithalten. Den Materialaufwand könnte
eine Lagerbuchhaltung, den Personalaufwand eine Lohnbuchhaltung und die Abschreibungen eine Anlagenbuchhaltung liefern. Die restliche einfache Buchhaltung müsste dann die Umsätze, Gemeinkosten
und Zinsen sinnvoll erfassen. Wichtig wäre, dass nicht nur die Zahlungen, sondern auch unbezahlte Rechnungen berücksichtigt werden.
Die einfache Buchführung bietet Spielräume für Kleinunternehmen, mit einfachen Lösungen in der Tabellenkalkulation ihre Pflichten zu erfüllen.
Bei der Kameralistik handelt es sich um die Buchführung des Staates. Hier werden Einzahlungen und Auszahlungen für einen bestimmten Zweck erfasst, der vorher in einem Haushaltsplan bestimmt
wurde. Hierfür wird die Technik der Verbuchung auf Konten nach Paccioli verwendet, es werden aber keine Bilanzen aufgestellt. Stattdessen werden die Vorgaben des Haushaltsplanes, wie er vom
Parlament beschlossen wurde, bei den Einnahmen im Soll und den Ausgaben im Haben als Eröffnungsbuchung eingegeben werden. Anschließend werden laufende Einnahmen im Haben und laufende Ausgaben im
Soll auf diese Konten verbucht. Am Jahresende werden die Reste an das Finanzministerium zurückgegeben.
Die Kameralistik ist einfach und kompliziert zugleich. Sie ist kompliziert, weil mit der Vielzahl der Verwendungszwecke eine große Anzahl von Konten geführt werden muss. Gleichzeitig ist sie
einfach, weil viele Sachverhalte nicht berücksichtigt werden. Investitionen werden als Ausgabe berücksichtigt, eine Kontrolle des Restwertes und eine Berücksichtigung des laufendenden
Wertverlustes durch Abschreibungen gibt es aber nicht. Es fehlt auch die Berücksichtigung zukünftiger Ausgaben, die schon in der Vergangenheit verursacht wurden, z.B. Pensionen. Die Kameralistik
ist deshalb kein Verfahren, das auf Unternehmen übertragen werden sollte. Sie genügt auch nicht den Mindestanforderungen an eine Buchführung, wie sie in Deutschland von den Gerichten formuliert
wurden.
Auch bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR) handelt es sich nicht um eine Buchführung, sondern um Aufzeichnungen für nicht buchführungspflichtige Kleinunternehmen als Vereinfachungsverfahren
zur steuerlichen Gewinnermittlung. Sie hat mit der Einführung des § 241a HGB und der Befreiung von kleinen Einzelkaufleuten von der Buchführungspflicht an Bedeutung gewonnen. Als Anlage zur
Einkommensteuererklärung ist aber noch ein dreiseitiges Formular auszufüllen, dessen Fragen eine genaue Aufzeichnung von Details erfordern. Es stellt sich dann die Frage, ob eine EDV-gestützte
Buchführung nicht einfacher wäre als das Vereinfachungsverfahren.
Die EÜR grenzt nach dem Zeitpunkt der Zahlung ab. Das eröffnet auch einige Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn der Unternehmer zum Jahresende - natürlich aus Arbeitsüberlastung - ab November keine
Rechnungen mehr schreibt, hat er im Dezember keine Betriebseinnahmen mehr. Nach Weihnachten hat er dann wieder Zeit und schreibt alle Rechnungen in wenigen Tagen. Die Betriebseinnahmen fallen
dann in den Januar und werden erst im neuen Jahr versteuert. Außerdem hat er nach Weihnachten Zeit, alle Rechnungen - auch die noch nicht fälligen - zu bezahlen. Damit fallen alle Zahlungen noch
ins alte Jahr und werden dort auch bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen. Es werden keine Bestände geführt. Der Wareneinkauf gilt sofort als Betriebsausgabe, auch wenn am Jahresende noch
alle Waren im Lager liegen.
Aber anders als bei der Kameralistik führen die Kleinunternehmer bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung ein Verzeichnis über ihre Investitionen. Den Kauf dieser Gegenstände können sie sich
steuerlich nicht sofort als Betriebsausgaben abziehen. Die werden auf den Zeitraum der Nutzung verteilt und zusätzlich als Abschreibungen vom Einkommen abgezogen. Deshalb eignet sich diese
Methode für Kleinunternehmen, eine Wirtschaftlichkeitskontrolle oder die Bewertung der Produkte mit einer Kostenrechnung ist hier aber nicht vorgesehen. Hier ist also eine Abwägung zwischen
Arbeitserleichterung und besseren Informationen zu treffen.