English version
Version española
Русская версия
Version française
Die Buchhaltung nach der Beschreibung des Jahres 1494 stellt hauptsächlich den Produktionsfaktor Kapital dar; der Faktor Arbeit wird nur mit den Personalkosten berücksichtigt. Dabei wird nach der
Herkunft des Kapitals unterschieden. Eigenkapital ist dem Unternehmer oder den Gesellschaftern zuzurechnen. Es kann aus Einlagen oder einbehaltenen Gewinnen bestehen. Auch der aktuelle Gewinn
oder Verlust gehört zum Eigenkapital. Fremdkapital gehört Personen, die nicht zu den Mitunternehmern zählen. Sie haben einen Anspruch auf Rückzahlung und bekommen oft auch Zinsen.
Das Kapital wird im Unternehmen für Potentialfaktoren und Repetierfaktoren verwendet. Nach dieser Einteilung wird die Kapitalverwendung in Anlagevermögen und Umlaufvermögen unterschieden. Die
Summen von Vermögen (Verwendung) und Kapital (Herkunft) entsprechen sich der Höhe nach. Sie werden in einer Bilanz (von Balance = Gleichgewicht) gegenübergestellt, wobei die linke Seite (Aktiva
genannt) das Vermögen und die rechte Seite (Passiva genannt) das Kapital abbildet.
Die Konten können wieder in Unterkonten zerlegt werden. Zur Übersichtlichkeit ist es erforderlich, mehrere Konten zu einer Bilanzposition zusammenzufassen. Dann müsste im System von 1494 jede
Bilanzposition wie ein Konto und jedes Konto wie ein Unterkonto behandelt werden. Die Bilanz wird darauf in Konten zerlegt, auf denen Zu- und Abgänge verzeichnet werden.
Abb. 3: Konten und Bilanz
Quelle: eigene Darstellung
Den in die Bilanz übertragenen Endbestand bezeichnete man als „Saldo“.
Die Bilanz wird zu einem Zeitpunkt aufgestellt. Die betriebliche Tätigkeit findet aber in Zeiträumen statt. Das gilt besonders für den Gewinn oder Verlust, der sich aus der Differenz der Erträge
und Aufwendungen einer Periode ergibt. Er ist Teil des Eigenkapitals. Um diese Größe in der Bilanz zu erfassen, schafft die Buchhaltung 1.0 von 1494 ein Gewinn- und Verlustkonto als Unterkonto
des Eigenkapitals. Das gliedert sich wiederum in Unter-Unterkonten, in denen die Erträge und Aufwendungen differenziert erfasst werden.
Bei den Konten wird nicht in Aktiv- und Passivseite unterschieden, sondern in Soll (links) und Haben (rechts). Die Konten selbst werden in Bestandskonten, die in die Bilanz einfließen, und
Erfolgskonten der Gewinn- und Verlustrechnung unterschieden. Bestandskonten werden in Aktivkonten für die Vermögenswerte und Passivkonten für die Kapitalbestandteile unterschieden. Erfolgskonten
trennt man in Aufwands- und Ertragskonten. Bei Aktivkonten werden Zugänge zu den Vermögenswerten im Soll und Abgänge im Haben gebucht. Bei den Passivkonten werden umgekehrt die Zugänge zum
Kapital im Haben und die Abgänge im Soll erfasst. Ertragskonten enthalten im Haben die Erträge und im Soll Ertragskorrekturen. Bei Aufwandskonten wird umgekehrt der Aufwand im Soll und
Aufwandskorrekturen im Haben gebucht.
Jeder Geschäftsvorfall hat zwei Seiten. Beim Kauf eines Gegenstandes (Zahlung später) erhöht sich das Vermögen (Soll) und gleichzeitig erhöhen sich die Schulden (Haben). Wird dieser Gegenstand
später bezahlt, verringern sich die Schulden (Soll) und gleichzeitig der Geldbestand (Haben). Das Gleichgewicht der Bilanz wird beibehalten, wenn jeder Vorgang mit beiden Seiten erfasst wird und
die Beträge der Summen der Sollbuchungen und der Habenbuchungen ständig identisch sind.
Neben der doppelten Buchführung bezüglich Soll- und Habenbuchungen wird jeder Geschäftsvorfall im System von 1494 zweifach erfasst, und zwar chronologisch geordnet in Journalen und sachlich
geordnet auf Konten. Eine weitere Erklärung des Begriffes „doppelte Buchführung“ ist die Möglichkeit, den Gewinn auf zwei Arten zu ermitteln, und zwar durch den sog. Betriebsvermögensvergleich
über den Vergleich des Eigenkapitals zu Beginn und Ende der Periode, das aus der Differenz von Vermögen und Schulden ermittelt wird; sowie mit der Gewinn- und Verlustrechnung auf Grundlage der
Ertrags- und Aufwandskonten.
Alle Buchungen basieren auf Belegen. Dabei ist zwischen Eigen- und Fremdbelegen zu unterscheiden. Eine weitere Unterscheidung ist, ob sie Vorgänge mit Außenwirkung oder innere Vorgänge abbilden.
Fremdbelege, die also von Unternehmensfremden erstellt werden, haben die höhere Beweiskraft. Sie können sich ihrer Art nach aber fast nur auf Vorgänge mit Außenwirkung beziehen, bei denen also
das Unternehmen Geschäfte auf dem Beschaffungs- oder Absatzmarkt tätigt. Belege über innere Vorgänge können Unternehmensfremde dagegen i.d.R. nicht anfertigen. Eine Ausnahme könnte z.B. eine
Notarurkunde über eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse darstellen. Eigenbelege mit Außenwirkung sind z.B. Rechnungskopien über erbrachte Leistungen. Bei Eigenbelegen über innere Vorgänge
kann es Lücken geben. Zu dieser Gruppe zählen z.B. Protokolle aus der Produktion über die Art und Anzahl der fertiggestellten Erzeugnisse. Es gibt aber auch Vorgänge, bei denen das Bewusstsein
für die bilanzielle Relevanz fehlt.
In den Buchungen muss mittels Belegnummer auf den jeweiligen Beleg verwiesen werden. Mit diesen Verweisen kann bei Bedarf der Hintergrund der Buchung schnell aufgeklärt werden.
Die chronologische Erfassung der Geschäftsvorfälle in Journalen erfolgt über Buchungssätze, also die Daten, die für die Weiterverarbeitung benötigt werden. In den Lehrbüchern wird das modellhaft
auf die Angabe der Konten und Beträge reduziert. In der Praxis wurden aber auch im System von 1494 Beleg-Art, -Nr. und -Datum sowie ein Kurztext erfasst. Bei den Konten wird zwischen den Konten
mit Soll- und Habenbuchungen unterschieden. Eine Kurzform des Buchungssatzes wird dann mit „per [Soll-Konto] an [Haben-Konto]“ wiedergegeben, wobei es auf beiden Seiten mehrere Konten geben kann.
Man spricht auch von „erkennen“ [Soll-Konto] und „belasten“ [Haben-Konto]. Nach der Registrierung eines Vorgangs im Journal wurde dann der Buchungssatz auf die Konten, die als Karteikarten
geführt wurden, übertragen. In der frühen Zeit wurden Einzelblätter verwendet, die nach Ende des Jahres und der Erstellung der Bilanz zu einem Buch gebunden wurden.
Im 20. Jh. wurde die strenge Chronologie aufgeweicht und es wurden für häufige Vorgänge wie Umsätze, Wareneinkäufe oder Zahlungen unterschiedliche Journale geführt. Das ermöglichte, die Vorgänge
nur auf den Personenkonten zu erfassen bei den Sachkonten nur die Summen der Journalseite auf die Sachkonten zu übertragen und dabei auf diese Seite zu verweisen. In einer freien Spalte im
Journal wurde später das Zahlungsdatum vermerkt, um so einen Überblick über noch offene Posten zu erhalten.
Eine Erweiterung dieser Technik stellt das „Amerikanische Journal“ dar. Hier wurden alle Geschäftsvorfalle nur in den Journalen dargestellt und verschiedenen Spalten zugeordnet, die die Konten
ersetzt haben. Soll und Haben wurden oft durch Plus und Minus ersetzt, was die notwendige Anzahl der Spalten halbierte (bzw. die Verdoppelung vermied). Das setzte eine überschaubare Anzahl von
Konten bzw. Spalten voraus. Die Geschäfte mit Kunden und Lieferanten wurden zusammen in jeweils einer Spalte erfasst. Die offenen Posten wurden in einer geordneten Belegablage geführt, indem vor
einem Deckblatt die unbezahlten und danach die bezahlten Rechnungen abgeheftet wurden. Die Ablage war alphabetisch nach den Namen der Kunden bzw. Lieferanten geordnet. Auf Personenkonten konnte
so verzichtet werden.
Das amerikanische Journal wurde in Normalfall monatlich mit neuen Blättern begonnen. Die Zahlen der einzelnen Monate wurden in eine Jahresübersicht übertragen. Aus diesen Jahresübersichten
konnten schnell Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für einzelne Monate oder das aufgelaufene Jahr erstellt werden. Sie waren allerdings nicht sehr tief gegliedert. Abschreibungen und
andere Bewertungsfragen mussten dabei zusätzlich in Nebenrechnungen berücksichtigt werden.
Konten sind im System von 1494 die Abrechnungseinheit für die sachlich gegliederten Geschäftsvorfälle. Sie hatten den Zweck, über die Bilanz, G.u.V-Rechnung oder andere Konten abgeschlossen zu
werden. Danach waren sie auf Null gestellt. In ihnen konnte man nur noch die Entwicklung der Beträge nachlesen. In den Lehrbüchern werden die Konten in einem vereinfachenden Modell als „T-Konto“
dargestellt; ein großer Teil der Daten des Kontos wird dabei weggelassen.
Abb. 4: Konto und T-Konto
Quelle: eigene Darstellung
Diese Vereinfachung ist nicht zu kritisieren, denn die zusätzlichen Daten sind für die Darstellung der Buchungssystematik ohne Bedeutung. Die Aufgabe eines Modells, vereinfachend zu erklären,
wird mit dem T-Konto also erfüllt.
Wegen der großen Zahl von Konten ist es erforderlich, die Konten mit einer Kontonummer eindeutig zu bezeichnen und sie in Kontenplänen sinnvoll zu strukturieren. Dafür gibt es verschiedene
Prinzipien und Vorschläge. 1937 wurde in dem Erlass des Reichs- und Preuß. Wirtschaftsministers und des Reichskommissars für die Preisbildung v. 11.11.37 – II 19263/37 VI 9991/37 betr.
Richtlinien zur Organisation der Buchführung (im Rahmen eines einheitlichen Rechnungswesens) ein Kontenrahmen verbindlich vorgeschrieben. Er folgte dem sog. Prozessgliederungsprinzip und hatte
folgende Kontenklassen für die erste Stelle der Kontonummern:
Abb. 5: Kontenklassen des Erlasskontenrahmens von 1937
0 Ruhende Konten bzw. Anlage- und Kapitalkonten
1 Finanzkonten
2 Abgrenzungskonen
3 Konten der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe bzw. Wareneinkaufskonten
4 Konten der Kostenarten
5 Verrechnungskonten bei Benutzung eines Betriebsabrechnungsbogens
6 buchhalterische Kostenstellenrechnung in Verbindung mit der dann freien Klasse 5
7 Konten der Halb- und Fertigerzeugnisse
8 Erlöskonten
9 Abschlusskonten
Quelle: eigene Darstellung
Obwohl der Kontenrahmen seit 1953 nicht mehr verpflichtend ist, hat sich das Prozessgliederungsprinzip in vielen Unternehmen bis heute gehalten. Daneben ist das Abschlussgliederungsprinzip
relevant, das die Konten nach ihrer Anordnung in den Positionen des Jahresabschlusses nummeriert.
Das System von 1494 erlaubt im Prinzip keine Monats- oder Quartalsabschlüsse. Weil die Konten über die Gewinn- und Verlustrechnung bzw. die Bilanz abgeschlossen werden, kann danach nicht mehr
weitergebucht werden, denn die Konten mussten zuvor geschlossen werden. Beide Auswertungen wurden in Kontenform dargestellt, wobei alle Bestandskonten mit Soll-Überhang (Saldo im Haben) auf der
Aktivseite und die mit Haben-Überhang (Saldo im Soll) in auf der Passivseite ausgewiesen werden mussten. Erfolgskonten mit Haben-Überhang (Saldo im Soll) wurden rechts auf der Ertragsseite und
die mit Soll-Überhang (Saldo im Haben) auf der Aufwandsseite dargestellt. Korrekturposten mit Salden auf der „falschen Seite“ mussten zuvor über ein anderes Konto abgeschlossen werden.
Es konnte nach diesem System auch kein probeweiser Abschluss erstellt werden. Stellt man nach der Aufstellung Fehler fest, ist eine Korrektur aufwendig. Der Abschluss des fehlerhaften Kontos muss
storniert werden (= fehlerhafte Buchung mit umgekehrter Soll-Haben-Zuordnung wiederholen und dadurch aufheben). Anschließend muss der richtige Wert ermittelt werden. Weil ein Fehler in der
doppelten Buchhaltung mindestens einen weiteren Fehler im Gegenkonto zur Folge hat, muss die gleiche Korrektur auch dort durchgeführt werden. Es können aber auch weitere Folgefehler mit
mehrfachem Korrekturbedarf existieren. Bei vielen erkannten Fehlern mit ihren Folgefehlern werden die gesamten Abschlussbuchungen sehr unübersichtlich.
Zur Eingrenzung solcher Schwierigkeiten wurden die Hauptabschlussübersichten entwickelt. Hierin wurden alle Konten vor ihrem Abschluss mit der Summe der Soll- und Habenbuchungen und dem sich
daraus ergebenden Soll- bzw. Haben-Überhang aufgelistet. Der Soll- bzw. Haben-Überhang wurde in verschiedenen Spalten der Aktiva, der Passiva, dem Ertrag oder dem Aufwand zugeordnet. Daraus
wurden vorläufige Bilanz- und G.u.V.-Entwürfe erstellt und dann auf Schlüssigkeit und mögliche Fehler untersucht. Im Fall der Aufdeckung von Fehlern wurden Korrekturspalten angefügt, in denen die
erforderlichen Korrekturen mit Plus und Minus eingetragen wurden. Danach konnten neue Entwürfe erstellt werden. Das Ziel war, alle vergessenen Buchungen zu erkennen und alle Fehler vor dem
Abschluss der Konten zu entdecken. Mit einer quartalsweise erstellten Hauptabschlussübersicht konnten auch inoffizielle Quartalsabschlüsse angefertigt werden.
Daneben wären noch die traditionalen US-amerikanischen Bilanzen zu erwähnen, die kein Konto, sondern eine tabellarische Eigenkapitalberechnung in Staffelform darstellten. Sie folgten dem
Grundmuster:
Abb. 6: Traditionelle Bilanzgliederung in den USA vor 1934
Geldbestände
+ Kundenforderungen
+ Vorräte
– Lieferantenverbindlichkeiten
= Working Capital
+ Sonstige Vermögenswerte
– Sonstige Schulden
= Eigenkapital
(Quelle: eigene Darstellung)
Hier fand keine Umbuchung von Konten auf die Bilanzen statt. Die Buchhaltung wurde vielmehr als Datenbasis verstanden, aus denen die Auswertungen erstellt wurden. Ob diese Datenbasis aus Konten
oder amerikanischen Journalen bestand war unerheblich.