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Aus dem Wunsch nach einer Darstellung der Zahlungsströme und ihrer Darstellung bzw. Zuordnung zur operativen Tätigkeit, zur Investitions- und zur Finanzierungstätigkeit ergibt sich die Frage, wie
die Daten ermittelt werden können und wie eine Untergliederung der drei Cashflows erfolgen kann. Beides bedingt sich, denn eine Untergliederung nach einem bestimmten Kriterium ist nur dann
möglich, wenn die Vorgehensweise dafür die nötigen Daten bereitstellt. Es kann zwischen einer originären und derivativen Vorgehensweise sowie bei der Darstellung zwischen der direkten und der
indirekten Methode unterschieden werden. Die Beziehungen zueinander können wie folgt dargestellt werden:
Abb. 9: Cashflow - Vorgehensweisen und Methoden
(Quelle: W. Müller, Investitionsrechnung, Finanzplanung,
Finanzinstrumente, Norderstedt 2011, S. 92)
Bei der originären Vorgehensweise werden die Zahlungsdaten eigenständig erhoben. Dies kann z.B. dadurch erfolgen, dass bei der Buchung jeder Zahlung auf Unterkonten. Eine weitere Möglichkeit
wäre, einen Datenbank-Export aller Buchungen auf den Geldkonten vorzunehmen, und diese komplett exportierten Buchungssätze hinsichtlich unterschiedlicher Merkmale zu sortieren. So konnte z.B.
anhand der Gegenkonten festgestellt werden, dass Zahlungen über Debitorenkonten die Kundenzahlungen und die über Kreditorenkonten die Lieferantenzahlungen betreffen müssen. Auch andere Merkmale
wie die Belegnummern oder ggf. auch Buchungstexte – wenn dies zuvor organisiert wurde – können eine Einteilung erlauben. Mit einer strukturierten Abfolge von Sortiervorgängen lassen sich damit
immer mehr Vorgänge zuordnen.
Nur ein kleiner verbleibender Rest müsste individuell zugeordnet werden. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Daten nicht als automatischer Ausdruck aus der Finanzbuchhaltungssoftware
verfügbar sind. Wurden z.B. nachträgliche Korrekturbuchungen vorgenommen, so wäre immer individuell zu prüfen, ob sich damit auch Auswirkungen auf Darstellung des Cashflows ergeben würden.
Hierauf muss bei der Ablauforganisation geachtet werden. Die originäre Vorgehensweise würde in dieser Form eine Insellösung darstellen. Aus diesen Gründen bevorzugen die meisten Unternehmen die
derivative Vorgehensweise, bei der die Cashflows aus den Buchhaltungsdaten abgeleitet werden. Während die originäre Vorgehensweise also an den Buchungen der Geldkonten ansetzt, untersucht die
derivative Vorgehensweise alle anderen Konten, also die Summe aller Gegenbuchungen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass alle Buchungen folgender Dreieckslogik folgen:
Abb. 10: Dreieckslogik von Buchungssätzen
(Quelle: W. Müller, Investitionsrechnung, Finanzplanung,
Finanzinstrumente, Norderstedt 2011, S. 93)
Alle Buchungen für normale Geschäftsvorfälle finden entweder zwischen der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und dem Cashflow, der Bilanz und dem Cashflow oder der GuV und der Bilanz statt. Sind
zwei dieser Größen bekannt, kann die dritte berechnet werden, weil die Summe der Soll- und der Habenbuchungen gleich sein muss. Diese Logik kann auf die drei Tätigkeiten (operativ, Investition,
Finanzierung) eingegrenzt werden. Dafür wird die Bilanz statt in Aktiva und Passiva in die Bereiche Working Capital, übrige Aktiva und übrige Passiva gegliedert. Das Work-ing Capital besteht
insbesondere aus Vorräten, Forderungen und Ver-bindlichkeiten. Im operativen Bereich bildet die GuV den Schwerpunkt. Nichtzahlungswirksame Vorgänge finden im Working Capital statt, das auch
nichterfolgswirksame Zahlungen aufnimmt. Den Schwerpunkt der Investitionstätigkeit bildet das Anlagevermögen, also die übrige Aktiva ab. Die Finanzierungstätigkeit wird dagegen in der übrigen
Passiva darge-stellt. Nichtzahlungswirksame Vorgange bei Investition und Finanzierung werden in der GuV erfasst. Damit kann die Dreieckslogik wie folgt konkretisiert werden:
Abb. 11: Dreieckslogik im Detail
(Quelle: https://mueller-consulting.jimdo.com/finanzen/investition/,
Download-Datei I+F-7c.pdf)
Der überwiegende Teil der betrieblichen Erträge und Aufwendungen wird in der jeweiligen Abrechnungsperiode auch zahlungswirksam. Erträge und Aufwendungen können nicht zahlungswirksam sein, z.B.
Erträge aus der Auflösung bzw. Aufwand aus der Bildung von Rückstellungen. Soweit betriebliche Erträge und Aufwendungen nicht unmittelbar zahlungswirksam sind, erhöhen nicht gezahlte Erträge
und/oder zusätzliche Zahlungen für Aufwand des Vorjahres das Working Capital. Soweit Forderungen des Vorjahres zusätzlich eingezahlt werden und/oder Aufwand noch nicht bezahlt wird, vermindert
sich im Umkehrschluss das Working Capital, was zu einer Erhöhung des Cashflows aus operativer Tätigkeit führt.
Zahlungswirksame Erträge entstehen auch als Rückfluss aus Finanzinvestitionen bzw. aus neutralem Vermögen oder aus Verkauf von Anlagevermögen. Sie sind meistens nicht dem operativen Bereich
zuzurechnen. Abschreibungen auf Anlagevermögen und Wertpapiere des Umlaufvermögens sind nicht zahlungswirksam, werden aber für die Berechnung der Investitionsausgaben benötigt. Entsprechendes
gilt mit umgekehrtem Vorzeichen bei Erträgen aus Zuschreibungen, z.B. bei Wertaufholungen. Zinsertrage und Zinsaufwand sind im Regelfall zahlungswirksam und können auch im Cashflow aus
Finanzierungstätigkeit dargestellt werden. Zugänge zum Anlagevermögen und zu Wertpapieren des Umlaufvermögens sind ausgabenwirksam und betreffen den Cashflow aus Investitionstätigkeit.
Zugänge und Abgänge zu Eigen- und Fremdkapital (mit Ausnahme des Working Capitals) stellen Finanzierungstätigkeit dar. Nicht zahlungswirksame Aufwendungen und Erträge (mit Ausnahme der
Abschreibungen) betreffen z.B. die Einstellung in oder Auslosung von Rückstellungen
Lediglich die Zahlungsmittelbestände sind von dieser Einteilung ausgenommen. Weil die derivative Vorgehensweise die kumulierten Gegenbuchungen zu den Zahlungen erfasst, werden die Zahlungsmittel
nur zur Kontrolle verwendet, ob die Cashflows richtig und vollständig erfasst wurden.
Nach den Regelungen des International Accounting Standard (IAS) 7 wird der operative Cashflow nach der direkten oder der indirekten Methode dargestellt. Weil die operative Tätigkeit im
Wesentlichen von der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) abgebildet wird, setzt die indirekte Methode an dieser Auswertung an. Sie korrigiert zunächst Aufwendungen und Ertrage, die nicht dem
operativen Cashflow zuzurechnen sind und berücksichtigt danach die Veränderungen des Working Capital. Die indirekte Methode kann bei einer originären Vorgehensweise nicht verwendet werden, denn
in einer eigenständigen Ermittlung von Zahlungsdaten ist keine GuV verfügbar, die angepasst werden konnte. Die direkte Methode bildet die operativen Zahlungsflüsse so ab, wie sie in der Realität
stattfinden. Dies kann auch bei einer derivativen Vorgehensweise organisiert werden. Bei den Cashflows aus Investitions- und Finanzierungstätigkeit gibt es keine Unterschiede. Weil diese ohnehin
nicht an der GuV anknüpfen ist hier eine Umrechnung aus der Gewinn- und Verlustrechnung nicht durchfuhrbar. Diese Größen folgen also auch bei Anwendung der indirekten Methode der direkten
Logik.
Nach diesen Erkenntnissen können Auswertungen des Cashflows nach der indirekten wie auch nach der direkten Methode mit einem Listengenerator maschinell erstelle und jederzeit abgerufen
werden.
Die Buchhaltung 2.0 schafft auch mehr Möglichkeiten für Konzerne. Die Daten aus den Buchhaltungen der Konzernunternehmen können in eine inoffizielle Buchhaltung des Konzerns übertragen werden,
der dann seine Auswertungen wie die eines normalen Unternehmens erstellen kann. Diese Konzernbuchhaltung ist in Anlehnung an den Konsolidierungsprozess (vgl. Abb. 7 auf Seite 33) wie folgt
aufgebaut:
Abb. 20: Konzernbuchhaltung
Erläuterungen:
(1) In der regulären Buchhaltung werden alle Belege erfasst.
(2) Der Buchhaltungsdatenbestand bildet die Grundlage für die Erstellung des Einzelabschlusses.
(3) Die laufend erfassten Buchungen werden i.d.R. einmal monatlich in einen zweiten Datenbestand kopiert. Die Datenübertragung kann mit der Hinterlegung einer zweiten Konto-Nr. erfolgen. Damit
kann ein konzerneinheitlicher Kontenplan für den Konzernabschluss verwendet werden, wobei im Einzelabschluss die Konzernunternehmen ihren lokalen Kontenplan weiterverwenden können. Dies ist
besonders in Ländern wie Frankreich, Belgien oder Spanien erforderlich, die ihren Unternehmen einen obligatorischen Kontenrahmen vorschreiben.
(4) Nach jeder Datenübertragung oder in regelmäßigen Abständen muss eine Kontenpflege erfolgen, bei der von den Standards des Konzernabschlusses oder von konzerneinheitlichen Richtlinien
abweichende Buchungen korrigiert werden.
(5) Dieser Datenbestand bildet die Grundlage für die Handelsbilanz II. Sie wird wie der Einzelabschluss automatisch aus den Konten erstellt.
(6) Zu Abschlussterminen (i.d.R. Quartale) werden die aktualisierten Daten an die Konzernzentrale übertragen. Meistens wird diese Übertragung auf Summen und Salden der einzelnen Monate nach dem
Konzernkontenrahmen beschränkt. Im Buchungstext, in der Beleg-Nr. oder als Kostenstelle wird das übertragende Unternehmen registriert. Alle Konzernunternehmen werden dann in einen gemeinsamen
Datenbestand in der Konzernzentrale eingelesen. Die Kostenstelle als Identifikation des Konzernunternehmens hat dann den Vorteil, dass die Konzernzentrale die Handelsbilanzen II jedes
Konzernunternehmens über das Kostenstellenmodul reproduzieren kann, was häufig Rückfragen beim Konzernunternehmen erspart.
(7) Konsolidierungen im engeren Sinne (vgl. Kapitel 4 + 5) werden in der Konzernzentrale als Korrekturbuchungen erfasst. Die Buchungsbelege können dabei auch nach der Logik der
Eliminierungsmethode erstellt werden, indem jedes Konzernunternehmen über das Identifikationsmerkmal konzerninterner Transaktionen Reports erstellt, welche konzerninternen Buchungen in welchen
Konten der Handelsbilanz II enthalten sind.
(8) Die Konzernbuchhaltung ist nach der Erfassung der Konsolidierungs-buchungen die Grundlage für den Konzernabschluss. Er wird wie der Einzelabschluss automatisch aus den Konten erstellt.
(Quelle: W. Müller, der Konzernabschluss nach IFRS,
2. Aufl., Aachen 2005, S. 61 ff. )
Soll auch die Kostenrechnung von einzelnen oder allen Konzernunternehmen konsolidiert werden, so stünde die Kostenstellennummer in der Buchungsdatei nicht für die Identifikation der
Konzernunternehmen zur freien Verfügung. Es müsste entweder in der Konzernbuchhaltung ein neues Feld für eine Unternehmens-Nr. geschaffen werden, oder die Kostenstellen-Nr. müsste im Konzern mit
zusätzlichen Stellen versehen werden. Dann könnte der Kostenstellennummer im Konzern die Unternehmensnummer vorangestellt werden.
Eine Anregung zur Lösung des Problems wäre, dass die Buchhaltungsprogramme neben Konto und Kostenstelle (und ggf. Kostenträger) noch eine Projekt-Nr. als freies Zuordnungsfeld schaffen. Sie
könnte auch im laufenden Betrieb für spontane Auswertungen (Projekte) oder z.B. im Investitionscontrolling für eine Inventar-Nr. verwendet werden. Die wäre in der Konzernbuchhaltung in jedem Fall
frei und könnte für eine Unternehmens-Nr. verwendet werden.
Die Konsolidierung von Buchhaltungen kann auch in die Gegenrichtung vorkommen. Ein Unternehmen kann mehrere Betriebe haben, die alle ihre eigenen Daten erzeugen und auswerten wollen. Die
Buchführungspflicht besteht aber für das Unternehmen als rechtliche Einheit, also für die Summe aller Betriebe. Auch die Unternehmensleitung braucht eine Rückkopplung auf dieser Ebene, auch wenn
die Leitung der einzelnen Betriebe ebenfalls eine Rückkopplung für ihre Ebene brauchen. Dieses Bedürfnis könnte aber auch mit dem Responsibility Reporting in einer zentralen Buchhaltung abgedeckt
werden.
Wenn sich ein dezentral operierendes Unternehmen auch für eine dezentrale Buchhaltung entscheidet, in der die dezentral verkauften Leistungen auch dezentral abgerechnet werden und die Zahlungen
der Kunden auf Bankkonten der Filialen eingehen, die ihre Einkäufe dezentral vor-Ort tätigen und die Rechnungen ihrer Lieferanten selbst bezahlen, dann wäre eine dezentrale Buchhaltung
konsequent. Anders als bei Konzernen wäre die Übertragung der einzelnen Datensätze an eine zentrale Buchhaltung aber nicht nur eine Option, sondern eine rechtliche Verpflichtung. Die
Buchführungspflicht trifft die Unternehmensleitung. Die Filiale wäre aus ihrer Sicht nur eine Datenerfassungseinheit und ein Aufbewahrungsort für Belege. Aus der Perspektive der Filialleitungen
sollte die Buchhaltung aber so vollständig wie möglich sein, also auch eine Teil-Bilanz und eine Teil-GuV für die jeweilige Filiale bereithalten.
Technisch wäre es kein Problem, erfasste Buchungen in eine Datei zu exportieren, die von der Zentrale per Schnittstelle eingelesen wird. Organisatorisch müsste man sich auf klare Abgrenzungen und
Termine verständigen, um Erfassungslücken und Doppelerfassungen zu verhindern. Zur Vermeidung solcher Fehler müssten auch Abstimmungen und Kontrollen geschaffen werden.
Eine Filialbilanz würde das dortige Anlagevermögen, dafür aufgenommenes Fremdkapital, das eigene Working Capital und insbesondere Geldbestände erfassen. Bei der erstmaligen Aufstellung einer
solchen inoffiziellen Filialbilanz wäre der Restbetrag das anteilige Eigenkapital der Filiale. Das würde mit den anteiligen Gewinnen aus einer Filial-GuV fortgeschrieben.
Für Transaktionen mit der Zentrale oder andere Filialen müssten Verrechnungskonten geführt werden, z.B. wenn kurzfristige Liquiditätshilfen später zurückgezahlt werden sollen. Aufwendungen und
Erträge gibt es zwischen den Betrieben nicht. Hierfür könnten höchsten besondere Verrechnungskonten (z.B. im Eigenkapital) geführt werden, die sich gegenseitig aufheben. Diese Verrechnungskonten
sollten genau beobachtet werden