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Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen

 

6 Monate nach den ersten Nachrichten über eine neue Krankheit aus China ist es Zeit für eine tiefere Reflektion:

 

Hintergrund und gesellschaftliche Fehlentwicklungen


Seit Millionen von Jahren leben Säugetiere mit Viren. Manche Viren sind für Menschen harmlos und z.B. für Schweine gefährlich, oder es ist umgekehrt. Oft können sich Mensch und Tier gegenseitig anstecken. Das Problem ist so alt wie die Menschheit.

Der Körper bildet nach einer überstandenen Infektion Antikörper, und danach ist man für ein bis zwei Jahre immun, manchmal auch für das ganze Leben. Die meisten Viren sind vielleicht lästig, aber nicht gefährlich. Viren, die ihren Wirt töten, würden bald aussterben. Meistens sind sie nur in Kombination mit anderen Faktoren gefährlich.

Ein Risikofaktor ist das Alter. Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 535.000 Menschen ab 80 (Statistisches Bundesamt, Sterbefälle und Lebenserwartung - Sonderauswertung zu Sterbefallzahlen des Jahres 2020, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/sterbefallzahlen.html), ca. 10 % der Altersgruppe. Der Volksmund sagt, ihre Uhr sei abgelaufen. Trotzdem fallen sie nicht zu einer festgelegten Zeit tot um, sondern sie werden krank, und nicht wieder gesund. Infektionen, die junge Menschen schnell überstanden haben, können für sie tödlich sein. In der Todesfallstatistik gibt es dann Wellenbewegungen. Bei Grippewellen oder Hitzewellen steigen die Fallzahlen bei den alten Menschen sehr deutlich. Nur etwa 10 % der insgesamt etwa 950.000 Todesfälle jährlich können als plötzlich eingeschätzt werden. (eigene Berechnung nach Statistischem Bundesamt, Gesundheit – Todesursachen, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html) Wenn man für die übrigen 855.000 Todesfälle eine durchschnittlich 8wöchige Krankheit unterstellt, dann befinden sich ständig etwa 131.500 Menschen in diesem letzten Kampf, den sie nicht gewinnen werden. Eine zusätzliche Virusinfektion kürzt diesen Kampf nur ab.

Unsere Gesellschaft wird immer älter. Jedes Jahr wächst die Altersgruppe ab 80 um etwa 200.000 Personen. Darunter sind auch relativ gesunde und rüstige Senioren, den meisten fallen aber schon viele alltägliche Dinge schwer. Sie brauchen Hilfe, oder sogar Pflege. Aber in der Natur wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Nach vielen Jahren ständigen Wachstums wäre es völlig normal, wenn sich die Entwicklung auch einmal umkehren und die Altersgruppe bei einem bisher unbekannten Virus, das durchs Land zieht, auch wieder schrumpfen würde. Damit wäre dieses Virus aber noch kein Killer-Virus. „Der Grünen-Politiker Boris Palmer hat den weltweiten Lockdown der Wirtschaft wegen der Corona-Krise .. scharf kritisiert. „Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären - aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen“, sagte der Tübinger Oberbürgermeister am Dienstag im Sat.1-Frühstücksfernsehen. Der Armutsschock, der aus der weltweiten Zerstörung der Wirtschaft entstehe, bringe nach Einschätzung der Vereinten Nationen hingegen Millionen Kinder ums Leben.“ (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.coronavirus-in-deutschland-boris-palmer-wir-retten-menschen-die-moeglicherweise-sowieso-bald-sterben.3058978a-08dc-42f0-9e98-5ccba1e4a96c.html)

Unsere Gesellschaft hat das Thema Krankheit und Tod weitgehend aus ihrem Bewusstsein verdrängt. Aber es gibt weder ewige Jugend, noch ein ewiges Leben. Im Gespräch mit alten Menschen stellt man oft fest, dass sie keine Illusionen haben. Sie beobachten, dass ihr Körper abbaut und dass ihre Lebensqualität abnimmt. Sie haben meistens keine Angst vor dem Tod als Zustand des nicht mehr am Leben sein, sie haben aber Angst vor einem langsamen und schmerzhaften Sterbeprozess.

Kein Arzt kann ein Leben retten, er kann es nur verlängern. Bei einem geretteten Kind kann es vielleicht um 80 Jahre verlängert werden, bei einem gesunden 80jährigen um 8 Jahre, und bei einem kranken Menschen vielleicht nur um 8 Monate. Bei dem Kind würde der Arzt den höchsten Einsatz zeigen und bei dem 80jähren wahrscheinlich schneller feststellen, dass er nicht mehr helfen kann. Besonders Juristen behaupten manchmal, der Wert des Lebens sei unendlich groß. Das ist bei einem zeitlich begrenzten Leben aber völlig unlogisch. Etwas Endliches kann nicht unendlich sein! Der Wert eines Lebens ist von seiner noch verbleibenden Dauer und der Lebensqualität abhängig. Dann gibt es auch einen Geldbetrag, bei dem die Rettung eines Lebens unverhältnismäßig wird. Man wird den genauen Betrag als Schwellenwert nicht berechnen können; in konkreten Situationen kann man aber zu dem Ergebnis kommen, dass der Aufwand der Gesellschaft nicht mehr zuzumuten ist.

Gesundheit als Ware


Gesundheit ist in unserer Gesellschaft zu einem Produkt geworden, mit dem viel Geld verdient wird. Früher wurde Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit definiert. Die WHO definierte 1948 Gesundheit als Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur als Freisein von Krankheit und Gebrechen. Wenn man dann aber Krankheit als Mangel an Gesundheit definiert, dann wird mit dieser Definition die große Mehrheit der Gesellschaft als krank bezeichnet, denen die Ärzte und die Pharmaindustrie ihre Leistungen und Produkte verkaufen kann. Die Ärzte verordnen, die Patienten schlucken und die Krankenkassen bezahlen.

Der Volksmund, der seine Weisheit in Sprichwörtern ausdrückt, sagt: „Geld regiert die Welt!“ Deutschland hatte 2018 mit 11,2 % des Bruttoinlandsprodukts das drittteuerste Gesundheitssystem der Welt, hinter den USA und der Schweiz. (OECD, Health at a Glance 2019: OECD Indicators, OECD Publishing, Paris 2019, S 153, https://doi.org/10.1787/4dd50c09-en). Solche Beträge wecken Begehrlichkeiten.
 
Der Volksmund kennt auch das Sprichwort: „Wer gut schmiert, der gut fährt!“ Der Focus (ein Brutnest für Verschwörungstheorien) berichtete in der Ausgabe 48/2012: Jens Spahn „... verdiente über ein diskretes Firmenkonstrukt heimlich an intensiver Lobbyarbeit für die Gesundheitsindustrie. …  Einfluss und Insiderkenntnisse sind bares Geld für die Großkonzerne.  … Dass Volksvertreter Spahn sein Mandat als Gesundheitspolitiker profitabel für Beratungshonorare aus der Gesundheitsindustrie einsetzte, war ihm offenkundig bewusst, denn er verschleierte seine Beteiligung an der Lobbyfirma.“ (https://www.focus.de/politik/deutschland/tid-28335/politik-im-nebenjob-abgeordneter_aid_867815.html) Warum hält dieser Gesundheitsminister Medikamente und Impfstoffe, die es noch gar nicht gibt, für „alternativlos“ und eine natürliche Immunisierung, zu der es aktuell wirklich keine Alternative gibt, für ungeeignet? Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt! Offiziell hat Jens Spahn die Beteiligung aufgegeben. Oder hat er sie nur an einen Strohmann abgegeben und er verdient weiter?

Transparency International kritisierte während der Schweinegrippe 2009, dass 13 der 16 Mitglieder der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts von der Pharmaindustrie bezahlt wurden. (Transparency International Deutschland e.V., „Schweinegrippe“- Impfung: Transparency kritisiert potenzielle Interessenkonflikte und intransparente Entscheidungsprozesse bei der ständigen Impfkommission STIKO, https://www.transparency.de/aktuelles/detail/article/schweinegrippe-impfung-transparency-kritisiert-potenzielle-interessenkonflikte-und-intransparent/) Sie werden vom Bundesministerium für Gesundheit für jeweils drei Jahre berufen und treffen sich zwei Mal jährlich. Von wem werden die Kandidaten vorgeschlagen? Aufgabe der Kommission ist es, auf wissenschaftlicher Grundlage Empfehlungen für Schutzimpfungen in Deutschland vorzubereiten. Dabei geht es auch um viel Geld. Denn die Impfungen, die sie empfiehlt, müssen von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. In den vergangenen Jahren hat sich die Liste der empfohlenen Impfungen stetig verlängert.

Diese Pharmaindustrie ist keine Wohltätigkeitsorganisation, sie will Umsatz machen und Geld verdienen! Warum haben die großen Pharmaunternehmen mit Ausnahme von Fresenius Vertriebskostenanteile von 30 %, obwohl der Vertrieb von Großhandel und Apotheken organisiert wird und für verschreibungspflichtige Medikamente nicht geworben werden darf? Sind die Masse der hier verbuchten Kosten Provisionen? Wer gut schmiert, der gut fährt! Und die Pharmaindustrie fährt derzeit recht gut. Pharmaaktien sind die Gewinner der Corona-Krise (https://boerse.ard.de/anlagestrategie/branchen/pharma-biotech-saisonal-gute-aussichten100.html) Aber wer diesen Zusammenhang aufzeigt wird als Verschwörungstheoretiker abgestempelt.

Die immer teurer werdenden Therapien führen durchaus auch zu ethischen Problemen. Während in Deutschland z.B. bis zu 180.000 € einschl. Vor- und Nachbehandlung für eine Lebertransplantation aufgewendet wird (https://www.wz.de/panorama/eine-lebertransplantation-kann-bis-zu-180-000-euro-kosten_aid-30143945), sterben in Afrika Kinder, weil ihre Familien 10 € für ein einfaches Antibiotikum nicht bezahlen können. Ist im Extremfall das Leben eines deutschen Alkoholikers, der seine Leber selbst geschädigt hat, mehr wert als das von 18.000 afrikanischen Kindern? Vor diesem Hintergrund ist die Hightech-Medizin der Industriestaaten obszön! In diesem Zusammenhang ist die Anmerkung von Boris Palmer zum Armutsschock durch die weltweite Zerstörung der Wirtschaft zu verstehen, der nach Einschätzung der Vereinten Nationen Millionen Kinder umbringe. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden, und aktuell wird viel Geld an der falschen Stelle eingesetzt. Der moralische Anspruch, Leben um jeden Preis retten zu sollen, wird zur Falle. Es gibt Fälle, in denen der Preis zu hoch ist!

Politische Fehleinschätzungen


Der aktuelle Stand der Erkenntnisse ist, das im Dezember 2019 in der Stadt Wuhan in China ein neuartiges Virus entdeckt wurde, das sich rasend schnell um die Welt verbreitet habe. Es gibt ab auch Erkenntnisse, die dieser Theorie widersprechen. Am 3. Mai wurde in Frankreich eine Studie veröffentlicht, die Covid-19 in Abwasserproben vom Dezember 2019 aus Paris nachgewiesen hatten, als das Virus eigentlich noch nicht in Europa war. Am 18.06. wurden Ergebnisse aus Mailand, Turin und Bologna veröffentlicht, die zu dem gleichen Ergebnis kamen. Danach hatten wir das Virus schon im Dezember 2019. Das Abwasserscreening ist eine Methode, um bevorstehende Epidemien frühzeitig vorherzusagen. Wegen der großen Verdünnung muss es aber schon eine Vielzahl von Infizierten geben. Wäre das schon im Dezember 2019 in Europa der Fall gewesen, als es in China die ersten Erkrankungen gab, dann wäre jede Kontaktsperre nach festgestellten Erkrankungen sinnlos.

Am 26.06.20 berichtete die Universität von Barcelona, dass sogar schon in alten Abwasserproben vom März 2019 Spuren von Covid-19 gefunden wurden. Am gleichen Tag wurden positive Abwasserproben vom November 2019 aus dem Süden Brasiliens gemeldet. Die Studie aus Barcelona hat pikanter Weise der Präsident des spanischen Virologenverbandes gleitet und auf die Frage, warum es in den Krankenhäusern keine Erkrankten gab, antwortete er in der Zeitung El Mundo, dass es diese Fälle wohl gegeben haben wird, man dürfte sie aber für Grippefälle gehalten haben. Schließlich gab es noch keine andere Erklärung und Corona wäre der Grippe sehr ähnlich.

Es ist wohl unwahrscheinlich, dass sich alle Wissenschaftler in Paris, Mailand, Turin, Bologna, Barcelona und Florianópolis unabhängig voneinander einfach nur geirrt haben. Wenn es Fehler gab, dann müssen sie in den PCR-Tests liegen und es wurde etwas gemessen, was kein Covid-19 war. Dann müssen aber auch die ganzen Tests der Speichelproben fehlerhaft sein und etwas als Corona-Infektion angezeigt haben, was keine war. Entweder die Wissenschaftler haben recht und wir haben schon lange mit dem Virus gelebt, es wurde nur jetzt erst entdeckt, oder die Tests sind unbrauchbar und wir können alle Statistiken in die Mülltonne werfen. Den politischen Entscheidungen fehlt dann aber jede Datenbasis.

Wer erinnert sich noch an „das Phantom“, auch Phantom von Heilbronn genannt? Zwischen 1993 und 2009 wurde an über 40 Tatorten die DNA-Spur einer Frau sichergestellt. Sie war geografisch sehr mobil und beging ganz unterschiedlichen Taten nach verschiedenen Tatmustern. Die Taten reichten von Sachbeschädigungen bis zu drei Morden, darunter auch der Polizistenmord von Heilbronn, der später dem Nationalsozialistischen Untergrund zugeschrieben wurde. Nach dieser brandgefährlichen Frau wurde mit hohem Aufwand überall in Süddeutschland gefahndet. Die Lösung des Falles kam nach über 2 Jahren Tätigkeit einer Sonderkommission, als die Widersprüche immer absurder wurden: die DNA gehörte zu einer Arbeiterin im Herstellerwerk der Wattestäbchen, mit denen die Spuren gesichert wurden! Warum sollten nicht auch jetzt alle wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen können?

Anfang März beunruhigten Nachrichten aus Norditalien von sehr hohen Todesraten die Menschen. Wissenschaftler der Universität von Siena haben im Juni die Korrelation (= statistischer Zusammenhang) zwischen der hohen Sterblichkeit des CoronaVirus 2 (SARS-CoV-2) mit schwerem akutem respiratorischen Syndrom und der Luftverschmutzung in Norditalien untersucht. Das italienische Voralpengebiet ist stark industrialisiert und hat deshalb eine hohe Luftverschmutzung. Die Alpen verhindern einen Abtransport mit dem Wind nach Norden. Im Winter ist die Luft aus den Heizungen zusätzlich belastet und bei Kaltluft bleiben die Schadstoffe am Boden. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die hohen Todesraten in Norditalien mit der Umweltverschmutzung zusammenhängen. (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0269749120320601) Trotzdem gilt das Virus und nicht die Feinstaubbelastung als Todesursache.

Es kommen jetzt also vier Faktoren zusammen. Die Luftverschmutzung belastet das Lungen in allen Altersgruppen. Jede Erkrankung schwächt den Körper zusätzlich, verläuft aber nur selten tödlich. Auch im Normalzustand ist ein hohes Alter ein weiterer Risikofaktor, der in Einzelfällen in der Kombination Umwelt + Alter + Krankheit zum Tode führen kann. In diesen wenigen Fällen wird aber natürlich die zusätzliche Krankheit und nicht die vorherige Schwächung mit der Belastung der Lungen für den Tod verantwortlich gemacht. Eine zusätzliche Atemwegsinfektion mit einem hochansteckenden Virus wird dann nach dem gleichen Muster als alleinige Todesursache beurteilt.

Zu den USA kann man anmerken, dass auch hohes Übergewicht zu den Risikofaktoren bei Corona gehört. (siehe https://www.pharmazeutische-zeitung.de/adipositas-als-risikofaktor-fuer-schwere-verlaeufe-117565/) Das ist in den USA und auch in Mexiko sehr verbreitet. Wie in Norditalien die Feinstaubkonzentration im Alpenvorland verschärfend gewirkt hat, so wird auch die Übergewichtigkeit in den USA zu den hohen Zahlen beigetragen haben. In den USA wurden durchschnittlich 13,5 % der Bevölkerung getestet, in Deutschland nur 8,6 %. Allerdings waren 8 % der Tests in den USA positiv, in Deutschland nur 2,9 %. Die Datenlage aus Brasilien ist dagegen zu schlecht, um fundierte Schlüsse ziehen zu können. Die Wissenschaft weiß auch noch zu wenig, um die Ausbreitung des Virus und den Verlauf der Infektion sowie einer möglichen Erkrankung (Menschen, denen es mit einer Infektion gut geht, kann man nicht als krank bezeichnen) plausibel erklären zu können.

Fehlentscheidungen


In einer akuten Gefahrensituation gibt es meistens die Wahl zwischen vorwärts und rückwärts. Im Krieg würde man zwischen Angriff und Rückzug entscheiden. Vorwärts heißt: Da müssen wir jetzt durch! Diese Entscheidung darf nicht mit „Augen zu und durch“ verwechselt werden. Bei der Vorwärts-Entscheidung schützt man sich so gut es geht, nimmt aber Verluste in Kauf. Das hätte den Schutz für Risikogruppen bedeutet, der aber nicht perfekt sein kann. Bei Nicht-Risikogruppen hätte man auf die natürliche Immunisierung gesetzt, wobei sich unerkannte Risiken auch negativ auswirken können. Mit einer Rückwärts-Entscheidung werden die Probleme meistens nicht gelöst, sondern nur verschoben. Im Krieg würde man sich taktisch zurückziehen, wenn man später aus einer günstigeren Position angreifen kann. Diese Entscheidung hätte Sinn gemacht, wenn ein Medikament oder Impfstoff existiert hätte, und nur noch mit der Produktion begonnen werden musste. Rückwärts-Entscheidungen verlängern meistens die Gefahrensituation und führen dann zu enormen Kollateralschäden.

Die deutschen Politiker wurden hauptsächlich von den Nachrichten aus Italien getrieben. Sie hatten Angst, und die lässt Entscheidungsträger oft vor einer Vorwärts-Entscheidung zurückschrecken. Sie rechtfertigen sich ihre Entscheidungen aber auch mit den Entwicklungen in den USA und Brasilien, wo die Präsidenten nur widerwillig Maßnahmen ergriffen hätten.

Das Eigenlob der Politiker, dass ihre entschlossenen Maßnahmen Schlimmeres verhindert hätten, ist aber nicht einleuchtend. Spanien hatte in Europa den härtesten Lockdown und trotzdem die zweithöchsten Infektionszahlen und die dritthöchste Todesrate. Die deutschen Alten- und Pflegeheime wurden brutal abgeriegelt, und trotzdem waren lt. RKI 43 % der Corona-Toten Bewohner von solchen Heimen. Besonders effektiv kann die Kontaktsperre nicht gewesen sein, weder in den deutschen Heimen, noch Spanien insgesamt. Wenn die Wissenschaftler der Universitäten von Barcelona, Florianópolis und Paris sowie des italienischen Gesundheitsinstituts ISS in Rom Recht hätten, dann kämen Kontaktbeschränkungen grundsätzlich zu spät, weil sich die Viren schon Monate von den Krankheitsausbrüchen massenhaft verbreitet hätten.

Natürlich hatten die Politiker im März nicht den Kenntnisstand vom Juli. Am 2. März berichtete die Tagesschau von einer Pressekonferenz mit Minister Jens Spahn, dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts Prof. Wieler und Prof. Drosten. Die Botschaft war: kein Grund zur Panik. Drosten erklärte die Infektion für eine milde Erkältung. Es wurde davon abgeraten, eine Maske zu tragen oder im privaten Bereich Desinfektionsmittel zu verwenden. An diesem Tag gab es in Italien 2.036 gemeldete Infektionen und 52 Todesfälle (https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Italien#cite_note-MdS_5351-38). Am 7. März erklärte Jens Spahn, dass es keinen Sinn mache, die Grenzen zu schließen, weil das Virus längst im Land wäre und noch am 9. März erklärte er das Risiko als vergleichsweise gering (Italien: 9.172 Infektionen, 463 Tote). Dann wurden aber schon Großveranstaltungen verboten. Am Freitag, den 13. März wurde dann beschlossen, die Schulen und Hochschulen zu schließen und auf Homeschooling und digitale Vorlesungen umzustellen, und das von Freitag auf Monat. Im täglichen Lagebericht vom 12. März wurden 802 zusätzliche Fälle gemeldet und es gab 2 zusätzliche Todesfälle. Sonst hatte sich in Deutschland nichts verändert. In der Woche darauf wurde dann der vollständige Lockdown beschlossen. Die Grenzen wurden geschlossen und eine Maskenpflicht eingeführt.

Angst der Politiker


Eine Erklärung für diesen Sinneswandel wurde nicht gegeben. Man kann aber erkennen, dass die Regierenden einfach nur Angst hatten. Es gab das Beispiel der Spanischen Grippe von 1918. Sie war eine Influenza-Pandemie, die durch einen ungewöhnlich ansteckenden Abkömmling des Influenzavirus (Subtyp A/H1N1) verursacht wurde und sich zwischen 1918 und 1920 in drei Wellen verbreitete und bei einer Weltbevölkerung von etwa 1,8 Milliarden laut WHO zwischen 20 Millionen und 50 Millionen Menschenleben forderte, (WHO, Pandemic Influenza Risk Management. World Health Organization, Genf 2017, S. 26,  https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/259893/WHO-WHE-IHM-GIP-2017.1-eng.pdf;jsessionid=A780C85B4416E6EF5FEA6F7AFB6BD263? sequence=1). Damit starben an der Spanischen Grippe mehr Menschen als im Ersten Weltkrieg (17 Millionen). Insgesamt sollen etwa 500 Millionen Menschen infiziert worden sein, (U.S. Department of Health & Human Services, https://www.cdc.gov/flu/pandemic-resources/1918-pandemic-h1n1.html) was eine Sterblichkeit von 5 bis 10 Prozent ergibt, die damit deutlich höher lag als bei Erkrankungen durch andere Influenza-Erreger (Niall P. A. S. Johnson, Juergen D. Mueller: Updating the Accounts: Global Mortality of the 1918-1920 „Spanish“ Influenza Pandemic. In: Bulletin of the History of Medicine. Band 76, Nr. 1, 2002, S. 105–115., https://muse.jhu.edu/article/4826/pdf).

Als erster Patient wird oft der Koch Albert Gitchell vom Army-Stützpunkt Fort Riley in Kansas bezeichnet. Er hatte sich am 4. März 1918 mit Fieber krankgemeldet. Binnen weniger Tage erkrankten in diesem Militärlager mehr als 500 Männer. (https://www.br.de/wissen/spanische-grippe-influenza-virus-pandemie-100.html) Er kam von einer Geflügelfarm und dürfte sich bei den Tieren angesteckt haben. Wäre er nicht zum Militär eingezogen worden, wäre das Virus in seinem Dorf ausgestorben.

Eine Besonderheit der Spanischen Grippe war, dass an ihr vor allem 20- bis 40-jährige Menschen starben, während Influenzaviren sonst besonders Kleinkinder und alte Menschen gefährden. Die Asiatische Grippe (1957) und die Hongkong-Grippe (1968) basierten zwar auf anderen Subtypen, der überwiegende Anteil der internen Gene stammt jedoch vom Virus der Spanischen Grippe, weswegen sie noch im Jahre 2006 als „Mutter aller Pandemien“ bezeichnet wurde. (Jefferey K. Taubenberger, David M. Morens: 1918 Influenza, the Mother of All Pandemics. In: Emerging Infectious Diseases, https://wwwnc.cdc.gov/eid/article/12/1/05-0979_article)

Die Angst der Regierenden war nicht unbegründet. Trotz dringender Empfehlung der WHO gab es für Deutschland keinen Pandemieplan. Stefan Kohn aus dem Bundesinnenministerium schrieb am 25.04. bzw. 07.05.20 in seinem Auswertungsbericht „Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen“, dass der Katastrophenschutz insgesamt nicht den Anforderungen genüge. Es kann deshalb wohl nur mit der Angst der Politiker erklärt werden, warum mit brutaler Entschlossenheit die Wirtschaft unseres Landes zerstört wurde, und früher zum Schutz der Autoindustrie niemals wirksame Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung durchgeführt wurden. Sicher gab es schon früher Feinstaub-Tote, darüber gab es nur keine Statistik. Und man darf auch den Klimawandel nicht vergessen, der mit den dadurch zu erwartenden Naturkatastrophen wohl viel mehr Todesopfer fordern und wohl sogar einen größeren wirtschaftlichen Schaden verursachen wird. Die Politiker erklärten immer, dass sie auf Sicht fahren würden. Sie wurden nur von den aktuellen Zahlen und dem Leiter des Robert-Koch-Instituts getrieben. Am 26.03.20 kritisierte das Handelsblatt: „Nun regieren die Virologen, die leider wenig von Wirtschaft verstehen.“ (https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-die-neue-macht-der-virologen/25684390.html?ticket=ST-1664064-fCyBoU4cv9Yaq76XLUf5-ap2) In Wikipedia findet sich die Definition „ein Experte, der eine Problematik nur aus der Perspektive seines Fachgebietes kennt“ unter dem Suchbegriff „Fachidiot“. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) fordert am 1. Mai in einem offenen Brief an die Politik: „In großer Sorge um die Zukunft dieses Landes und um den Wohlstand seiner Bürger appellieren wir an die Politik: Beenden Sie die einseitige Fixierung auf eine rein virologische Sichtweise und damit das gefährliche Spiel mit den Zukunftschancen dieses Landes. Es geht um das Schicksal des deutschen Mittelstands. Heben Sie den Lockdown auf, bevor es zu spät ist!“ (https://www.bvmw.de/fileadmin/01-Presse_und_News/Pressemitteilungen/Dateien/Mittelstand-Offener-Brief-Bevor-es-zu-spaet-ist-01-05-2020.pdf) Die Regierung hat Entschlossenheit demonstriert, aber sie hatte in Wirklichkeit keinen Blick für die größeren Zusammenhänge. 
 

Unprofessionelle Entscheidungsvorbereitung


Bei Entscheidungen von erheblicher Tragweite, und erst Recht, wenn sie Kosten von hunderten von Milliarden Euro verursachen, werden normalerweise sorgfältig vorbereitet. Erst wird eine Folgenabschätzung erarbeitet, wenn man nicht reagieren würde, dann werden die Folgen von Plan 1 und dann die Folgen von Plan 2 simuliert. Danach werden noch für jeden der drei Szenarien nach dahin variiert, was passiert, wenn es schlimmer kommt als erwartet, und wenn es glimpflicher verläuft. Neben dem vollständigen Lockdown (= Rückwärts-Entscheidung) und dem Nichtstun (= keine Entscheidung) gab es noch den Mittelweg, nur die Risikogruppen zu isolieren und die Wirtschaft nicht abzuwürgen (Vorwärts-Entscheidung). Man konnte schon erkennen, dass nur die Menschen ab 70 stärker gefährdet waren. Es hätte sich geradezu angeboten, für diese nicht mehr in den Arbeitsprozess eingebundenen Menschen einen Einkaufsservice zu organisieren, damit sie auch nicht in die Geschäfte mussten und sie sich dann vor Ansteckungen schützen konnten. Zusätzlich hätte man noch einige jüngere Menschen mit Vorerkrankungen vorsorglich krankschreiben müssen.

Es war auch bekannt, dass es keinen Impfstoff und keine erprobten Medikamente gab, und auf absehbare Zeit auch nicht geben würde. Man hätte deshalb absehen können, dass die Rückwärts-Entscheidung die Gesellschaft sehr lange und deshalb extrem hoch belasten würden. Dann hilft aber nur die natürliche Immunisierung, indem sich die jungen, gesunden und starken Mitbürger infizieren und dann Antikörper bilden. Wenn die bei zwei Drittel der Bevölkerung vorhanden sind, spricht man von der Herdenimmunität, bei der sich dann keine Infektionsketten mehr bilden, und dann auch die Alten und Kranken geschützt werden. Nur die Pharmaindustrie hätte damit ein Problem, denn die könnte dann keine Impfstoffe verkaufen. Aber sie hat ja sowieso noch keinen entwickelt. Nach den bekannten Informationen wäre also der Mittelweg die vernünftigste Entscheidung gewesen. Das Gesundheitssystem wäre damit nicht überlastet worden. Die für die Pandemie reservierten Plätze auf den Intensivstationen waren auch in Spitzenzeiten zu 85 % frei. Unter diesen Bedingungen wäre ein Weiterlaufen der Wirtschaft mit Beschränkungen für Risikogruppen in allen drei Szenarien der Weg des geringsten Schadens gewesen. Ihn nicht zu wählen war nach den hergebrachten Regeln der Entscheidungsfindung nicht nachvollziehbar.

Aus dem Bericht von Stephan Kohn wurde später bekannt, dass es in der Regierung überhaupt keine Entscheidungsvorbereitung gab. Prof. Wieler vom RKI hat gesagt, was gemacht werden müsse, und die Regierung hat das beschlossen. Herr Wieler ist Tierarzt. Wegen der späteren Schließung des Schlachthofes von Herrn Tönnies hatten die Bauern Probleme mit ihren schlachtreifen Schweinen, die ihre Ställe blockieren, und die Jungschweine wachsen nach. Die Vereinigung der Amtstierärzte hat darauf geantwortet, dass dann die gesunden Tiere eben getötet und das Fleisch entsorgt werden muss. (http://www.tagesschau.de/interview-tierarzt-schweinezucht-toennies-101.html) So denken Tierärzte, ohne Rücksicht auf Verluste! Keine Tierseuchenversicherung würde den Bauern diesen Schaden ersetzen. Und die moralischen Probleme, dass man die Tiere wie Müll behandeln würde, interessieren einen Tierarzt im Gesundheitsamt überhaupt nicht. Wegen dieser Haltung ist es auch nachvollziehbar, wenn sich Bauern zur Unterdrückung von Infektionen Antibiotika auf dem Schwarzmarkt besorgen, die dann in die Nahrungskette gelangen.   

Kleine Anfrage im Bundestag


Im April hat sich eine Gruppe von 5 Lockdown-kritischen Professoren versammelt, die gemeinsam 4 Fragen an die Bundesregierung gerichtet hat. Auf der Website prof-mueller.net/Bundestag finden Sie dazu mehr Details. Die Mitglieder wollten nicht als vereinzelte Spinner abgestempelt werden, aber auf der anderen Seite verderben zu viele Köche den Brei. Sie haben die Anfrage am 28. April an alle Fraktionen verschickt und ein Abgeordneter hat sie am 6. Mai als seine persönliche kleine Anfrage an die Regierung gerichtet. Sie musste dann noch von 35 weiteren Abgeordneten unterschrieben werden, damit das Quorum von 5 % zusammenkam. Es waren dann 45 zusätzliche Unterschriften. 

Die Bundesregierung hat auf die kleine Anfrage der 5 Professoren geantwortet. Die wurde am 4. Juni als Bundestagsdrucksache 19/19428 veröffentlicht. Sie hat sich bemüht, mit vielen Worten nichts zu sagen. Das ist ihr aber nicht ganz gelungen. Auf die Frage nach den Entscheidungsgrundlagen hat die Regierung auf die täglichen Lageberichte des RKI verwiesen. Sie hat damit indirekt die Aussagen aus dem Bericht von Stephan Kohn bestätigt, dass sie keine eigene Entscheidungsvorbereitung hatte, und dass sie nur auf Zuruf aus dem RKI reagiert hat.

In der Anfrage wurde vorgerechnet, dass angesichts des hohen Alters der ernsthaft Erkrankten und wegen der häufigen Vorerkrankungen die Geretteten keine höhere Lebenserwartung als durchschnittlich etwa 1.000 Tage hätten. Dann wurde festgestellt, dass bei einem wirtschaftlichen Schaden von 1 Billion Euro und selbst bei angenommen 200.000 Geretteten jeder zusätzliche Lebenstag von der Gesellschaft mit 5.000 Euro bezahlt werden müsste. Solche Relationen sind viel zu unrealistisch, als dass eine Gesellschaft das organisieren könnte. Die Menschen würden das für ihr eigenes Leben niemals bezahlen wollen, auch wenn sie es könnten. Die Regierung hat geantwortet, dass sie über die gerettete Lebenszeit keine Kenntnis hat. In einer Pressemitteilung auf die Antwort, die im Blog „Achse des Guten“ von Henryk Broder veröffentlicht wurde, haben die Professoren kommentiert, dass die Regierung diese Informationen hätte haben müssen, und nach eigener Aussage also keine Ahnung hat.

Die Regierung sollte sich auch noch daran erinnern, dass mit dem Lockdown Grundrechte eingeschränkt werden. Ein ungeschriebener Verfassungsgrundsatz ist, dass auch die Grundrechte des Einzelnen dort aufhören, wo die Grundrechte der Anderen anfangen. Das allein wäre aber eine Wischi-Waschi-Bedingung, und man könnte nach Gutdünken Grundrechte beschränken. Das Bundesverfassungsgericht hat in früheren Fällen drei konkrete Bedingungen für diese Konflikte formuliert, um Grundrechte einschränken zu können:

1. Das geschützte Rechtsgut muss höherrangig sein als das beeinträchtigte.
Man kann hier feststellen, dass das Leben wichtiger ist als wirtschaftliche Einbußen. Das bestreitet niemand, und die Regierung hält damit die verfassungsrechtliche Prüfung für beendet. Das ist sie aber nicht!

2. Die Grundrechtsbeschränkungen müssen für den Schutz geeignet sein.
Daran kann man allerdings zweifeln. Spanien hatte in Europa den härtesten Lockdown, die zweithöchsten Infektionszahlen und die dritthöchsten Todesfallzahlen. Die Alten- und Pflegeheime wurden extrem hat abgeriegelt, und trotzdem waren 43 % der Corona-Toten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Besonders effektiv kann die Kontaktsperre nicht gewesen sein, weder in den deutschen Heimen, noch Spanien insgesamt. Warum sollen diese nicht sehr wirksamen Maßnahmen dann geeignet gewesen sein?
Man kann den Regierenden aber zugutehalten, dass man hinterher immer klüger ist. Sie durfte wohl annehmen, dass ihre Maßnahmen wirksam wären. Mit der Erkenntnis, dass sie es nicht sind, hätte man sie aber aufheben müssen.

3. Die Grundrechtsbeschränkungen dürfen nicht übermäßig belastend sein.
Und diese dritte Bedingung wurde überhaupt nicht beachtet. Die Verfassung zwingt die Regierung und das Parlament dazu, Nutzen und Schaden abzuwägen. Dafür hätte man überhaupt einmal eine Folgenabschätzung machen müssen. Eine Entscheidung auf Zuruf des RKI hätte es niemals geben dürfen.

Bei einer professionellen Folgenabschätzung hätte man das krasse Missverhältnis zwischen dem enormen wirtschaftlichen Schaden von aktuell etwa 50.000 Euro für eine durchschnittliche 4-köpfige Familie und dem geringen Nutzen, dass einige Bewohner von Alten- und Pflegeheimen noch ein paar Monate länger leben, erkannt. Wäre es andersherum gewesen, dass die Regierung keine Lockdown angeordnet hätte, und einige alte Menschen hätten sie in Karlsruhe per einstweiliger Anordnung erzwingen wollen, sie wären damit wegen der Unverhältnismäßigkeit ihrer Forderung krachend gescheitert. Aber warum soll die Regierung etwas anordnen dürfen, was die Betroffenen selbst nicht verlangen können?

Der Verlauf der Krise kann ohne Worte mit den Grafiken des RKI aus den täglichen Situationsberichten beschrieben werden:

Quelle: Robert-Koch-Institut, täglicher Situationsbericht vom 22.07.20

 

Wahltaktische Motive


Die Fallzahlen sind seit Anfang Mai unten, nur die Umfragewerte der CDU sind oben.

„Die Welt“ zitiert am 10.06.20 ein Interview des Virologen Hendrik Streeck in der Neuen Osnabrücker Zeitung mit einer Kritik am deutschen Lockdown.  (https://www.welt.de/wissenschaft/article209299157/Corona-Krise-Virologe-Streeck-kritisiert-deutschen-Lockdown.html): „Ich glaube auch weiterhin nicht, dass wir am Ende des Jahres in Deutschland mehr Todesfälle als in anderen Jahren gehabt haben werden.“ Streeck sieht als Grund für den Lockdown, dass „ein gewisser Druck in der Öffentlichkeit“ bestanden hätte. Hier muss ihm widersprochen werden! Zunächst hat die Pharmaindustrie bei einer neuen Krankheit ein gutes Geschäft mit Impfstoffen und Medikamente gewittert, auch wenn sie die erst noch entwickeln und sie dafür Zeit gewinnen musste. Es gab von ihr Druck und von dem mit ihr bestens vernetzten Robert-Koch-Institut! Von ihnen wurden Horror-Szenarien verbreitet, und die Regierung hatte die Hosen so voll, dass sie auf eine normale Entscheidungsvorbereitung verzichtete. Den Rest hat ein Bundesgesundheitsminister erledigt, der einst selbst Pharmalobbyist war, und der sich so verhält, als wenn er es im Verborgenen noch immer ist. Einen Druck aus der Bevölkerung, die Wirtschaft zu ruinieren, gab es nicht. Kein normaler Mensch hätte es unter normalen Bedingungen als Bedrohung empfunden, wenn alte Menschen häufiger sterben als junge und wenn in einer ständig älter werdenden Gesellschaft in einem Jahr ein paar mehr alte Menschen sterben, und im nächsten Jahr ein paar weniger.

Aber die CDU möchte die guten Umfragewerte gern bis zur Bundestagswahl retten. Sie hatte selbst Angst und es ist ihr gelungen, auch dem Volk Angst zu machen. Es gab keinen rationalen Grund für diese Angst, aber darauf kam es nicht an. Eigentlich sind 14 Monate bis zur Wahl zu lang, aber man kann es einmal versuchen. Die Regierung hat den Vorteil, dass die Zahlen in Südamerika aktuell steigen und dass man damit die Angst verbreiten kann, das Virus käme zurück. Damit kopiert die Regierung das Verhaltensmuster der von ihnen so gescholtenen Verschwörungstheoretiker. Der Unterschied ist nur, dass ein Virus für alles Unglück auf der Welt verantwortlich gemacht wird, und nicht eine kleine Gruppe von Menschen. Die Gemeinsamkeit besteht aber darin, dass die Menschen gegen den angeblichen Fein aufgehetzt werden sollen, und dass einem selbst danach die Führungsrolle im Kampf gegen die Verschwörer oder das Virus zugebilligt werden soll. Verschwörungstheoretiker brauchen ein Feindbild; die Regierung braucht ein gefährliches Virus. Vor 80 Jahren durfte man nicht laut sagen, wenn man Juden für nette Menschen hielt und heute darf nicht öffentlich gesagt werden, dass eine Infektion mit Covid-19-Viren meistens nur leichte oder gar keine Krankheitssymptome verursacht.

Die aktuellen Infektionszahlen bewegen sich unterhalb der Fehlertoleranz der Tests. Bei 202.799 Infizierten lt. Robert-Koch-Institut vom 22.07.20, bei 9.095 Verstorbenen und 188.600 zurückhaltend geschätzten Genesenen gab es also 5.104 aktuell-registrierte Betroffene, von denen die meisten symptomfrei waren und nur etwa 360 in Krankenhäusern behandelt wurden. Bei einem Dunkelfeld von 90 % konnten 51.040 Menschen am 22.07.20 infiziert gewesen sein, davon 50.680 ohne oder mit leichten Symptomen. Bei 531.571 Tests in der Woche vom 13.-19.07. mit einer Genauigkeit von 98 % (= 10.631 fehlerhaft) und dabei festgestellten Neuinfektionen von 2.770 (= 0,5 %). Bei solchen Größenordnungen nützen die Tests nur noch den Pharmaunternehmen und Laboren, die damit ihr Geld verdienen. Gemessen an den kumulierten Zahlen liegt die Todesrate am 22.07. bei 4,48 %; gemessen an den täglichen Zahlen und den Neuinfektionen liegt sie aber seit 3 Wochen bei 1 %. Die Anzahl der Tests wurde in dieser Zeit um 15 % gesteigert und die Quote der positiven Tests ist stark gesunken. Die Fehlerquote wirkt sich dann auch stärker aus, was die gesunkene Sterblichkeit erklären könnte.   

Die Politiker haben den Weg der Angstmache gewählt, um ihre eigene Panikreaktion zu verdecken. Auf diesem Weg ist eine Umkehr schwierig. Wenn man eines Tages Entwarnung gibt und die Angst schwindet, werden unbequeme Fragen gestellt. Bei den aktuellen Zahlen lässt sich eine aktuelle Bedrohungslage nicht mehr plausibel begründen. Bei einer angstfreien und offenen Diskussion wird man aber auch aus den Zahlen der Vergangenheit Schwierigkeiten haben, eine damalige Bedrohungslage zu belegen. An einem Ende der Angst können die Politiker deshalb kein Interesse haben.

Bill Gates kein Feindbild


Als Verschwörungstheorie wird nach Wikipedia der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck. Es gibt Lockdown-Kritiker, die Bill Gates als Feindbild aufbauen wollen. Zum Beleg wird oft das CNN-Interview aus einem Youtube-Video mit dem Untertitel „Vaccination - to reduce population! (Bill Gates admits)“ angeführt. (https://www.youtube.com/watch?v=pjj4Iq-rsNg). Mit diesen Versuchen wird der Vorwurf der Regierenden, Lockdown-Kritiker seien Verschwörungstheoretiker, untermauert. 

Die Möglichkeiten von Bill Gates oder anderer Einzelpersonen sind vor dem Hintergrund des Volumens internationaler Kapitalmärkte viel zu klein, um Macht ausüben zu können. Hätte er Phantasien, wie ein Schurke in James-Bond-Filmen die Weltherrschaft an sich zu reißen, dann hätte er an der Spitze von Microsoft bleiben sollen. Die Vermutung ist deshalb naheliegender, dass Bill Gates ehrlich glaubt, mit seinem Vermögen Gutes tun zu können. Allerdings sind „gut gemeint“ und „gut gemacht“ oft Gegensätze.

Zu dem genannten Interview kann man feststellen, dass er zwei zutreffende Punkte angesprochen hat. Das starke Gefälle zwischen der medizinischen Überversorgung in den Industrieländern und dem häufigen Mangel bei der Grundversorgung in Entwicklungsländern ist unmoralisch. Weil eine Forderung nach der Reduzierung des Versorgungsniveaus in Industrieländern eine breite Empörung auslösen würde, fordert Bill Gates also eine Verbesserung der Versorgung in Entwicklungsländern, wozu auch Impfungen gehören.

Das zweite Problem ist davon unabhängig zu betrachten. Seit etwa 60 Jahren leisten die Industrieländer Entwicklungshilfe, und die Erfolge werden vom Bevölkerungswachstum zunichtegemacht. Sie erscheint als ein Fass ohne Boden. Die Weltbevölkerung hat (bzw. wird) sich nach Angaben der UN zwischen 1950 und 2050 wie folgt entwickelt:

                    1950         1997         2016          2030         2050
Asien          1.435        3.575         4.437         4.946       5.327
Afrika            222            743        1.203         1.681        2.527
Amerika        331           788            997         1.117        1.220
Europa          515           705            740           744            728
Ozeanien        13             29              40              51              66
Welt           2.516        5.840         7.418        8.539         9.869    in Millionen
 
Bis 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas verdoppeln und gegenüber 1950 mehr als verzehnfachen. Ein Kontinent mit 16 % der Weltbevölkerung wird 50 % des Bevölkerungswachstums verursachen. Um 1970 wurde die Welt mit 4 Mrd. Menschen schon als überbevölkert bezeichnet! Ohne ein Ende des Bevölkerungswachstums lässt sich die Armut nicht bekämpfen.

Das Problem dieses Interviews war, dass er zwei Probleme gleichzeitig angesprochen hat, deren Lösungen sich widersprechen. Mehr Gesundheitsvorsorge in armen Ländern steigert die Überbevölkerung und verschärft die Armut. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wurde noch nicht gefunden. Man kann dann aber Bill Gates oder anderen Gutmenschen (Wikipedia: Diesen wird aus Sicht der Wortverwender ein übertriebener, äußere Anerkennung heischender Wunsch des „Gut-sein“-Wollens in Verbindung mit einem moralisierenden und missionierenden Verhalten und einer dogmatischen, absoluten, andere Ansichten nicht zulassenden Vorstellung des Guten unterstellt.) nicht vorwerfen, sie wollten mit manipulierten Impfstoffen große Teile der Bevölkerung Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ausrotten.

Es ist also nicht nur taktisch unklug, Bill Gates oder anderen Einzelpersonen finstere Absichten unterstellen zu wollen; es ist auch in der Sache falsch! Diese Unterstellung verstellt den Blick auf die Mechanismen der Marktwirtschaft, in der die Vermarktung der Bekämpfung von Krankheiten und das Streben nach Wachstum und Gewinnmaximierung dazu führt, dass nach früheren Maßstäben hinnehmbare Gesundheitsrisiken heute zu existenziellen Bedrohungen aufgebauscht werden. Dafür braucht es keine Absprachen der Konzernvorstände. Ihre gleichgerichteten Interessen führen automatisch zu einer Marketingpolitik, die den Börsenwert und nicht die Gesundheit der Menschen im Blick hat.

Mögliche zukünftige Bedrohungen für die Gesundheit


Nach dem Contagan-Skandal hat Deutschland strenge Regelungen für die Zulassung neuer Arzneimittel eingeführt. Die einflussreiche Pharmalobby wird in den letzten 50 Jahren in der Lage gewesen sein, die nach der Aufregung in der Bevölkerung unvermeidbaren Übertreibungen wieder zu streichen. Trotzdem hat im März ein sächsischer Arzneimittelgroßhändler, der ein in China erfolgreich eingesetztes Präparat aus kubanischer Produktion importieren wollte, keine Zulassung erhalten. (https://www.dw.com/de/kommt-ein-corona-medikament-aus-kuba-nach-deutschland/a-53003683) China hat mit 85.314 Infektionen und 4.644 Toten trotz der sehr großen Bevölkerung sehr niedrige Zahlen. (= 3,3 Tote je 1 Mio. Einwohner / Belgien 858,4 / Deutschland 109,7 - https://coronavirus.jhu.edu/data/mortality am 22.07.20) Diese Erfahrungen waren für das Paul-Ehrlich-Institut aber nicht ausreichend dokumentiert.
  
Die seriöse Entwicklung eines Impfstoffes dauert im Normalfall etwa 5 Jahre. Wird diese Zeit abgekürzt, geht das nur zu Lasten der Sicherheit. Bei den geringen Todesfällen ist die Wahrscheinlichkeit, an einem nicht ausreichend getesteten Impfstoff zu sterben höher, als an der Krankheit. Nach aktuellen Angaben wäre das Risiko tödlicher Impfschäden 10 mal höher. Den Mittelweg zwischen Lockdown und weiter-so (Wirtschaft nicht abwürgen, nur Risikogruppen isolieren) haben die Regierungen mit der Begründung abgelehnt, die damit verbundenen 3- oder 4fachen Todesopfer wären nicht zu verantworten. Nun wollen sie sogar die 10fachen Zahlen akzeptieren, wenn sie von einem Impfstoff und nicht von der Krankheit verursacht werden. Diese Risiken dürfen nicht eingegangen werden.

Die Pharmaunternehmen lehnen die Haftung für die derzeit eilig zusammengeschusterten Impfstoffe ab. Dass die Vorstände der Pharma-Konzerne ihre Risiken minimieren wollen ist ihr Job. Sie sind den Aktionären verpflichtet, und nicht dem Gemeinwohl. Pharmaunternehmen sind keine Wohltätigkeitsorganisationen. Natürlich wollen sie Forschungssubventionen abgreifen, wenn sie ihnen quasi aufgedrängt werden. Wenn sie in ihrer guten Verhandlungsposition keinen Haftungsausschluss durchsetzen würden, wären sie schön blöd. Man muss auch berücksichtigen, dass die Politik den Zeitdruck erzeugt hat. Wenn die normale Entwicklung eines Impfstoffs 5 Jahre dauert, dann können nennenswerte Verkürzungen nur auf Kosten der Sicherheit organisiert werden. Natürlich wollen die Konzerne das nicht auf ihre Kappe nehmen!

Vor 50 Jahren gab es keine Impfung gegen die Röteln, Masern oder andere Kinderkrankheiten. Die Kinder wurden krank, blieben einige Tage im Bett und waren danach immunisiert. Heute werden die Kinder geimpft. Gäbe es keinen Impfstoff, dann müsste man sich weiter auf die natürliche Methode stützen. Für Covid-19 muss dann das Gleiche gelten. Die Regierung mag sich einen Impfstoff wünschen, sie muss aber vor dem Hintergrund realer Situationen entscheiden, und nicht vor dem Hintergrund von Wunschdenken. Für die natürliche Immunisierung muss die Infektion der breiten Masse zugelassen und nicht verhindert werden. Kontaktbeschränkungen wären nur für Risikogruppen angezeigt. Ein eilig zusammengepfuschter und nicht ausreichend getesteter Impfstoff verschärft die Probleme, er löst sie nicht.

Mögliche zukünftige Bedrohungen für die Wirtschaft


Eine wahrscheinlich noch größere Gefahr besteht für die Stabilität des Euro und wohl auch anderer Währungen. Es gibt für die Bezahlung der „dicken Corona-Rechnung“ grundsätzlich drei Wege, aus denen die Politik wohl vermutlich eine Mischung gestalten will. Man kann Steuern erhöhen, staatliche Leistungen kürzen oder Geld drucken. Der letzte Weg wird allerdings schon seit 12 Jahren von der EZB beschritten. Die Spielräume dürften ausgeschöpft sein. Trotzdem ist die Versuchung groß.

Steuererhöhungen, die die Arbeitnehmer und die Verbraucher treffen, wären politisch schwer durchsetzbar. Eine Erhöhung der Unternehmenssteuern würde kurzfristig wenig bringen, weil die Unternehmen in 2020 Verlustvorträge aufbauen werden, die sie von den zu versteuernden Einkommen der nächsten Jahre abziehen können. Es wäre auch eine Gerechtigkeitsfrage, warum die Gruppe, die den größten Schaden hatte, auch die Lasten aus dem Schutz der anderen Gruppen tragen soll und höhere Unternehmenssteuern würden die Wirtschaft nicht beleben. Nach Gerechtigkeitsgesichtspunkten müssten die Rentner die Kosten tragen, denn ihr Leben wurde gerettet bzw. verlängert. Das sind aber die treuesten Wähler von CDU und SPD. Die Reduzierung von Staatsausgaben hat in der Vergangenheit noch nie funktioniert, schon überhaupt kein Subventionsabbau. Man kann gespannt sein, welche Vorschläge die Politik vorlegen will, die dann nicht von Lobbyisten verwässert werden. „Geld drucken“ ist dann der Weg des geringsten Widerstandes.

Das Argument, es habe doch immer gut funktioniert, leuchtet auf den ersten Blick ein. Mit dem Anleihenkaufprogramm der EZB wurde die Geldmenge 2019 (M3 – das Bargeld hat davon nur 9,4 %; davon 17,25 % 500er) gegenüber 2014 um 25,8 % ausgeweitet, die Lebenshaltungskosten sind in diesen 5 Jahren aber nur um 5 % gestiegen. Allein im März 2020 ist die Geldmenge im Euroraum gegenüber Februar schon um 2,5 % gestiegen. „Vor allem muss man beachten, dass die Geldmengen in den Volkswirtschaften in einer Phase ansteigen werden, in der die Produktionsleistung zurückgegangen ist. Die zunehmende Geldmenge trifft also auf ein verringertes Güterangebot. Und das heißt, der Geldmengenzuwachs fällt noch größer aus, als es der Zuwachs der Geldmenge (absolut gerechnet oder in Prozent ausgedrückt) nahelegt.“ (Thorsten Polleit, Staaten und Notenbanken legen die Basis für die nächste große Geldentwertung, https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/boerse/staaten-und-notenbanken-legen-die-basis-fuer-die-naechste-grosse-geldentwertung_H896168186_11892441/)

Die Geldmenge ist eine Zeitpunktgröße zu einem Stichtag, während die Wirtschaftsleistung, die im Bruttoinlandsprodukt gemessen wird, in einem Zeitraum erarbeitet wird. In 2019 betrug die Geldmenge 109,1 % des Bruttoinlandsprodukts, 2011 waren es noch 97,4 %. Beim Schweizer Franken betrug die Relation 2019 sogar 154,1 %. Weil wir unsere Einkommen monatlich bekommen und sie auch wieder ausgeben, wären für den täglichen Zahlungsverkehr nur 8,33 % nötig. Der Rest müsste auf den Kapitalmärkten zirkulieren oder verdeckt ins Ausland abgeflossen sein. Hinzu kommt noch das Geld das als Euro offiziell ins Ausland überwiesen und ordnungsgemäß aus der Geldmenge abgebucht wurde.

Im Gegensatz zur Mark von 1923 ist der Euro keine Binnenwährung. Damals war die Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit der größte Inflationstreiber. Jeder Geldschein wurde sofort in ein Geschäft getragen, am nächsten Tag war er nichts mehr wert. Die von der EZB geschaffene zusätzliche Geldmenge fließt heute aber in die Kapitalmärkte und versickert in alle Welt. Damit wird die Inflation nicht angeheizt, sondern exportiert.

Das Geld ist also nicht weg. Wenn es auf den Kapitalmärkten zirkuliert, wird es auf den Gütermärkten nicht nachfragewirksam. Es droht ein Ketchupflaschen-Effekt. Erst schüttelt die EZB mit dem 2-%-Inflationsziel und es kommt nichts, und später kommt alles auf einmal. Wenn auf den Kapitalmärkten eine Strategie erkennbar wird, die Corona-Kosten weg-zu-inflationieren, dann könnten die ausländischen Investoren, die ihren Landeswährungen misstrauen und stattdessen Dollars oder Euros horten, nervös werden. Wenn dann die vagabundierende Geldmenge ziemlich plötzlich in die USA und die EU zurückfließt, dann könnten danach auch die Inländer nervös werden. Eine Hyperinflation, die wieder von einer größeren inländischen Geldmenge + erhöhter Umlaufgeschwindigkeit ausgelöst werden könnte, sollte man nicht provozieren. Es ist allerdings zu befürchten, dass diese Gefahr von der Politik nicht gesehen wird.

Die Inflation wird sich damit ankündigen, dass die Nachfrage nach langfristigen Krediten steigt. Die Unternehmen können die Verluste der Krise nicht kurzfristig wegstecken und brauchen längerfristig verlässliche Vertragsbedingungen. Dafür werden sie auch bereit sein, etwas höhere Zinsen zu zahlen. Zusätzlich werden aber auch Spekulanten langfristige Darlehensverträge abschließen, weil sie eine Inflation erwarten. Sie werden dann auch viel höhere Zinsen zahlen und die Sparer würden glauben, dass sie endlich wieder echte Zinserträge haben werden. Wenn es aber wirklich zu einer Inflation kommt, werden sie in der Falle stecken und ihr Geld verlieren.

Bei einer Inflationserwartung werden die internationalen Finanzmärkte werden die Liquidität, die die Spekulanten nach der Auszahlung ihrer Darlehen haben, nicht mehr aufnehmen. Auch die international vagabundierende Euro-Geldmenge wird nur noch nach sehr kurzfristigen Anlagemöglichkeiten suchen, die die Märkte aber nicht in dem Umfang anbieten können. Deshalb wird verstärkt in Sachwerte investiert werden. In den Großstädten gibt es bereits eine Immobilienblase. Dann dürften von den Spekulanten auch Immobilien abseits der Ballungszentren verstärkt nachgefragt werden. Die Verkäufer würden ihr Geld ausgeben und zu einem Nachfrageschub führen. Die Preise würden steigen und die Inflationserwartung der Finanzmärkte bestätigen. Das wäre ein Signal an die internationalen Investoren, ihr Euroguthaben ins Währungsgebiet zurückzubringen und hier in Sachwerten zu investieren. Ausländische Sparer, die z.B. in Osteuropa ihrer Landeswährung misstrauen und ihre Ersparnisse in Euro angelegt haben, würden folgen. Die inländische Geldmenge würde sich schlagartig erhöhen, was die EZB nicht so schnell kompensieren könnte, wenn sie es überhaupt wollte. Damit würden auch Normalbürger, die ihr Geld nicht langfristig angelegt hätten, die Flucht in die Sachwerte antreten.

Die Akteure auf den internationalen Finanzmärkten sind auch in der Lage, mit Derivaten auch an einer Inflation zu verdienen. Der Schaden der Sparer wäre großer als die Höhe der entwerteten Staatsschulden, denn sie müssten auch die Gewinne der Banken und anderer Inflationsgewinnler finanzieren. Eine Inflation löst kein Problem, sie verschiebt es nur.

Wahrscheinlich würde die Geldentwertung nicht den Umfang von 1923 erreichen. Aber Polen hat z.B. bei einer Währungsreform 1995 vier Nullen seiner Währung gestrichen. Mit 3 Nullen wäre der Bundesfinanzminister wahrscheinlich schon zufrieden. Ob eine Inflation absichtlich, oder versehentlich ausgelöst wird, wird am Ende nicht mehr von Bedeutung sein. Es ist festzuhalten, dass die Kapitalmärkte schwer berechenbar sind. Ihr Umfang ist eine hochexplosive Mischung. Hier sollte man nicht mit dem Feuer spielen. Weil mit einer Inflation der ganze Euroraum erfasst würde, wären die wirtschaftlich Kollateralschäden noch größer als unmittelbar bei Corona. Aktuell wird nichts unternommen, um das Vertrauen der Märkte zu stützen. Dafür müsste sie frühzeitig einen glaubwürdigen Rückzahlungsplan entwickeln, der ohne Inflation auskommt. Stattdessen soll dieser Teil der Problemlösung bis nach der Bundestagswahl verschoben werden.

Bedrohungen für die Demokratie


Nach Art. 20 GG und dem Leitbild der parlamentarischen Demokratie soll das Parlament die Regierung kontrollieren. In Wirklichkeit sind Regierungschefs gleichzeitig Parteivorsitzende, die Parteizentrale kontrolliert den Fraktionsvorstand und der kontrolliert die Abgeordneten. Im Ergebnis kontrolliert die Regierung sich selbst.

Dieses System kann mit Minderheitsregierungen durchbrochen werden. Die Gesetzgebung würde wieder beim Parlament liegen und es müssten sich zu einzelnen Gesetzgebungsprojekten wechselnde Mehrheiten bilden, die sich dann auf einen Kompromiss verständigen könnten, während sie sich in anderen Fragen erbittert bekämpfen. Thüringen war eine große Chance, mit der ein Ministerpräsident aus der kleinsten Fraktion ohne den Hauch einer parlamentarischen Mehrheit dem Landtag diese Autonomie zurückgegeben hätte. Aber den Parteien ging es nicht um Demokratie und Gewaltenteilung, sondern um Macht.

Seit Anfang 2020 haben sich das Parlament insgesamt und auch die parlamentarische Opposition aus der politischen Diskussion verabschiedet. Es hat schon vorher nicht richtig funktioniert, jetzt wurde es aber zum Totalausfall. Alles versammelt sich hinter der Regierung, und die regiert mit quasi-diktatorischen Vollmachten. Die Krise ist in den Statistiken nicht mehr erkennbar, aber der Ausnahmezustand dauert an.

Auch die Medien wurden ihrer Aufgabe, einen Ort für kontroverse Diskussionen zu bieten, nicht gerecht. Die Pressefreiheit beschränkt sich nicht auf das Recht von Verlegern, ihre Meinungen zu verbreiten. Der größte Teil der Medien in Deutschland ist werbefinanziert. Vor allem für Zeitungen und Zeitschriften ist die Werbung die größte Einnahmeposition, von den Verkaufserlösen könnte sie nicht leben. Das bedingt, dass die Medien ein attraktives Werbeumfeld bieten müssen. Das ist der Darstellung von Minderheitsmeinungen und der Aufdeckung von Missständen abträglich. Auch auf die Interessen alter Menschen, die wegen eingefahrener Konsumgewohnheiten von der Werbung kaum noch zu beeinflussen sind, wird nicht eingegangen.

Öffentlich-rechtliche Medien sollen diese Lücke schließen und eine ausgewogene Berichterstattung gewährleisten. Wegen des politischen Einflusses werden aber auch hier keine Minderheitspositionen berücksichtigt. In der Corona-Krise konnten sich die Lockdownkritiker nur im Internet bemerkbar machen. Dadurch wurde eine erhebliche Belastung für die Pressefreiheit und für eine funktionierende Demokratie sichtbar. 

Wahltag ist Zahltag!


Bei Wahlen haben die Bürger die Chance, den Regierenden eine Quittung auszustellen. Die Bürger können entscheiden, ob sie der Regierung folgen und Impfschäden und Inflation riskieren wollen, oder ob sie eine Kursänderung wollen. Es sollte mindestens eine Diskussion um den richtigen Kurs stattfinden.